Wie ich die Rétromobile Paris 2019 erlebte
Schon die ersten Schritte, in der erste Halle der Rétromobile Paris 2019 im Parc des Expositions, stellte man als Besucher fest, dass man sich auf einer ganz anderen Oldtimer-Messe befindet. Die Unterschiede zu einer Messe in in Deutschland sind groß. Der Interessent wird konfrontiert mit Bücher standen neben einer Alpine Renault, Angeboten von Putzlappen und daneben ein wahrer Juwel, ein BRM Rennwagen, ex Moss und Fangio, 16 Zylinder mit 1,5 Liter Hubraum und Tuning ergaben märchenhafte 600 PS. Dieser Rennwagen kommt aus Beaulieu (GB) und befindet sich in einem Topzustand. Vergebens sucht man Mengen von Porsche und Mercedes. Natürlich sind einige zu finden …
Die Oldtimer-Messe Rétromobile Paris 2019 verzeichnete 132.000 Besucher, was bedeutet, dass der Rekord von 2015 um 10.000 Besucher übertroffen wurde.
100 Jahre Citroen
Eine firmeneigene Ausstellung zeigt die ersten Autos und anhand von Prototypen Karin, Activa 1, Xanae, Osmose, Metisse, GT (330 kmh), Tubik, GT und CXPeriance auch die damalige innovative Seite der Marke Citroen. Grosse Beachtung erfuhren 16 Variationen der ID, DS und SM von Meisterkarossier Henri Chapron.
Neben Panzerfahrzeugen aus dem Militärmuseum in Saumur stand ein Riesenlastwagen. Lediglich viermal gebaut wurde der 5 Meter breite Berliet, mit 2,20 Meter hohen Reifen und 600 bis 700 PS. Der Transport von Lyon nach Paris dauerte 4 Tage und 3 Nächte. Daneben erschien das legendäre Raupenfahrzeug, das an die „croisière jeune“, französische Asienreise, Beirut-Peking, erinnerte, wie ein Floh neben einem Elefant.
Wenig Interesse an Vorkriegsfahrzeugen
Das älteste Fahrzeug der Rétromobile war ein DeDion-Bouton, Typ G1 Vis a Vis vom Jahr 1890. Nur ältere und noch ältere Besucher interessierten sich für die Ausstellung dieser Fahrzeuge. Die „Jamais contente“, ein Rennwagen von 1899, Geschwindigkeitsrekordhalter unter Elektrofahrzeugen mit 105 kmh, stand ganz allein und ziemlich unbeachtet.
Vorkriegsautomobile, auch auf dieser Rétromobile Paris, ziehen keine Besucher mehr an. Die neue Käuferschicht sucht Autos wie neu, teuer, mit möglichst hohen Gewinnpotential bei einem Wiederverkauf. Ist das Ende der orthodoxen Oldtimer-Szene gekommen?
Bédélia Cyclecar
Der Klub Vitage Revival aus Montlhéry brachte 14 der bis heute erhaltenen Bédélia Cyclecars nach Paris. Von 1908 bis 1925 wurden 3.000 Stück gebaut. Am Anfang stand ein Dreirad, das zwei angehende Ingenieure nach einem Unfall zum Vierrad umbauten. Was geblieben war, war die Lenkung hinter dem Passagier. R.Bourbeau und H.Devaux bauten allerlei Variationen von Sanitätswagen, Militärwagen bis zu erfolgreichen Bédélia. Diese siegte 1911 beim 12 Stundenrennen in Le Mans, auch beim Bergrennen am Gaillon, der Tour de France für Automobile, im Jahr 1913 dem Rennen Paris-Nice u.a..
Marken der FIAT-Chrysler Gruppe
Fiat Chrysler Automobile (FCA) zeigte ein Unikat, Alfa Competitione 750 von Carlo Abarth, das er heimlich entwickelte. Ebenso waren zu sehen ein Lancia 037 Rally, Fiat Spider Europa bzw. Pininfarina.
Bugatti in Paris
In Paris sieht man mehr Bugattis als an anderen Orten (Ausnahme: Classic Days Schloss Dyck), darunter auch einer, der nach Mosambique exportiert wurde. Authentische Formel I Rennwagen der bekanntesten ex Piloten standen ebenfalls zum Verkauf.
Die Vielfalt auf der Rétromobile
Lukas Hüni zeigte eine Palette bunt bemalter Lancia Stratos und HF. Ein HF Zero von Gandini und Bertone, ein Auto aus einer anderen Welt, strahlte bei der Ausstellung wie ein Solitär. Das nur 84 cm hohe Auto sah man das erstenmal 1970 während des Turiner Autosalons. Gebaut wurde es aus vorhandenen Teilen einer Fulvia mit V4 Motor. Der Ausstieg aus dem Wagen dauert ein mehrfaches an Zeit als der Einstieg und man musste den passenden Körper mitbringen.
60 Jahre Mini auf der Rétromobile
Der Französische Mini Klub, zeigte in einer fast endlosen Reihe die meisten Variationen wie Moke, Wolseley, Riley, Cooper und Lizenzprodukte aus späterer Zeit dieses genialen Autos von Issigonis. Ebenfalls dabei waren Siegerfahrzeuge der Rallye Monte Carlo.
100 Jahre Gnome et Rhóne
Auch Liebhaber von historischen Motorädern der Marke Gnome et Rhóne wurde von den Organisatoren reichlich bedient. Ein ehemaliger Flugzeugmotorenbauer diversifizierte und baute bis nach dem Zweiten Weltkrieg solide, verlässliche Motorräder. Wunderschön waren die beiden Sidecars. Den Deckel auf dem Sidecar musste man nicht anheben oder entfernen. Zum Einsteigen wurde er nach vorne auf Schienen geschoben und dann, wenn man im Seitenwagen sitzt, zu sich hinziehen und damit wieder schliessen.
Die Modellreihe Junior 250, Major und Super Major endete mit der X40 mit 750ccm Hubraum. Diese Motorrad wurde auch als Begleiter der präsidentiellen Kolonne eingesetzt.
Oldtimer mit Preisen unter 25.000 €
Eine Halle wurde den Oldtimern reserviert, deren Preis nicht 25.000 € überstieg. Jede Menge perfekter Fiat 500 um die 10.000 €, Autobianchi und ein bis heute untergeschätztes Fiat 130 Coupé waren dabei. Auch wurde ein Panhard Levassor und ein DMC DeLorean angeboten.
Angebote der Auktionshäuser
Die Auktionshäuser Artcurial und Bonhams brachten wahre Juwelen mit nach Paris. Magnet der Auktion war ein aerodynamisches Reisecoupe Alfa Romeo 8C 2900 B Touring. Geschätzt auf 16 bis 22 Millionen €, wurde es für 19 Millionen US-Dollar verkauft. Der Besitzer zahlte dafür vor 43 Jahren lumpige 11.500 US-Dollar. Ein Bugatti Atalante 57 mit kompletter Historie brachte 3,5 Million, ein DS 23 Cabrio Chapron wie auch ein Lancia Cabrio wurden für 300.000 € verkauft. (Aurelia B24 Spyder, 1955 umgebaut vom Nardi zur Lancia Aurelia B24S Spider America) .
Auch deutsche Händler kamen nach Paris mit Ihren Mercedes und Porsche, mehr als im Jahr 2018. Die Firmen Kienle und Schütte gehören zu den Stammgästen. Einen Tatra 87 in braun wollte ein litauischer Händler an den Mann bringen, wenn der Preis nicht 358.000 € gewesen wäre. Für so viel Geld verkaufte man einen MB 300 SL Roadster, während ein Porsche 356 Coupé mit geteilter Frontscheibe astronomische 800.000 € erzielte.
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Ausblick in die Zukunft des Automobils
Wer leise und billig, offen und ökologisch (?) fahren will, der war vom auf Elektroantrieb umgebaute Mehari, gebaut von 1968-1987, begeistert. Für 25.000 € bekommt man viel Spass. Die Energie wird beim Bremsen in den Akku rekuperiert. An der Reichweite muss noch etwas gearbeitet werden oder mehr für den Akku ausgegeben werden. Auf jeden Fall ist mit diesem Auto die Aufmerksamkeit der Zuschauer garantiert.
Teilemarkt während der Rétromobile Paris
Für Teile-Suchende ist Paris nur bedingt zu empfehlen, außer für die französischen Fahrzeuge. Das gilt auch wenn es jedes Jahr mehr ausländische Händler nach Paris zieht.
Fazit Rétromobile Paris 2019
Die Rétromobile Paris ist eine bunte, fröhliche Oldtimer-Messe, an der auch Gäste gut speisen können und das inmitten von einer grossen Anzahl seltener Autos, Motorräder, Zubehör und Außergewöhnlichem.
Gastautor: Text Dr. Georg W. Pollak, sc. (Text und Fotos)