Die Erinnerung an August Horch führt uns zurück in die abenteuerliche Zeit der frühen Motorisierung. Damals, an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, war bei vielen technischen Details noch nicht abzusehen, ob mit ihnen überhaupt der richtige Weg beschritten wurde. Manche Innovation entpuppte sich als Sackgasse, viele Erfindungen waren in ihren Grundzügen zwar tauglich, benötigten aber noch deutliche Verbesserungen, um effektiv und zuverlässig zu funktionieren.
Genau in diesem Spannungsfeld hat sich August Horch unschätzbare Verdienste erworben. Der Sohn eines Schmieds kam am 12. Oktober 1868 in Winningen an der unteren Mosel zur Welt. Er erlernte das väterliche Handwerk, ging auf die lehrreiche Wanderschaft und studierte schließlich am Technikum in Mittweida, nördlich von Chemnitz gelegen. Sein unerhörtes Talent muss schon früh offensichtlich gewesen sein, denn nach einigen Stationen im Motorenbau ging er bereits 1896 zu Carl Benz in Mannheim und wurde dort bis 1899 Leiter der Abteilung Motorwagenbau. In Köln wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit und eröffnete eine eigene Werkstatt, bevor er 1902 nach Reichenbach im Vogtland umzog und 1904 schließlich mit solventen Teilhabern die August Horch Motorwagenwerke AG in Zwickau gründete. Seine steten technischen Verbesserungen sorgten schnell für einen exzellenten Ruf der Marke. August Horch war ein Pionier bei der Verwendung von Aluminium und die Verwendung einer Kardanwelle sorgte für das mustergültige Konzepts des Frontmotors mit Heckantrieb.
Allerdings gab es bald Unstimmigkeiten mit seinen Teilhabern, woraufhin er 1909 die Horch-Werke verließ und ein paar Meter eine neue Firma eröffnete, die „August Horch Automobilwerke GmbH“. Allerdings hatten seine alten Teilhaber und nun alleinigen Herren der „A. Horch Motorwagenwerke AG“ sich sämtliche möglichen und unmöglichen Kombinationen rund um den Namen Horch schützen lassen. August Horch durfte seinen eigenen Namen nicht mehr verwenden! Was dann geschah, ist eine wunderbare Geschichte. Der Sohn eines Freundes, Pennäler im Streß auf dem Weg zum Großen Latinum, übersetzte kurzerhand wörtlich. „Horch!“ im Imperativ, der Befehlsform von hören, audire im Lateinischen, und schon war „Audi“ geboren. Im April 1910 erfolgte der Eintrag ins Zwickauer Handelsregister als „Audi Automobilwerke GmbH“. Und natürlich tauchte der Name August Horch als technischer Leiter in der Werbung auf, denn das konnte man ihm nun wirklich nicht verbieten. Mit seinen neuen Autos ging er sofort in den Wettbewerb, weil das die beste Reklame war. Schon 1911 wagte sich Audi an die höchst anspruchsvolle Alpenfahrt. August Horch fuhr selbst (obwohl er zeitlebens nie einen Führerschein besessen hat!) und gewann triumphal die riesige Herausforderung nach 2250 Kilometern über extrem schwierige Bergstraßen. Ein Jahr später trat eine ganze Audi-Mannschaft an und landete einen Dreifachsieg, der 1913 wiederholt wurde, 1914 starteten fünf Audi, die allesamt strafpunktfrei ins Ziel kamen. Das führende Magazin der Zeit, „Der Motorwagen“, gratulierte zu diesem „gewaltigen Triumph“, der nach jahrelanger Dominanz nicht einmal mehr als Überraschung gewertet wurde. Dann kam der Erste Weltkrieg und die nun „Alpensieger“ genannten Fahrzeuge erhielten einen mattgrauen Anstrich…
1920 verließ August Horch die zwar sehr erfolgreichen, aber nicht sonderlich profitablen Audi-Werke. Als Gutachter und Sachverständiger für kraftfahrzeugtechnische Fachfragen lebte er in Berlin und erhielt 1922 die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Braunschweig. 1932, in wirtschaftlich schwierigsten Zeiten, wurden seine beiden ehemaligen Firmen Horch und Audi gemeinsam mit DKW und Wanderer in der neuen Auto Union mit ihren vier Ringen für die vier Marken zusammengeführt. August Horch wurde in den Aufsichtsrat berufen. Der Zweite Weltkrieg führte ihn 1944 mit seiner schwerkranken Frau nach Langenhessen in Sachsen, nachdem er mehrfach in Berlin ausgebombt worden war. Nach Kriegsende floh er nach Münchberg in Oberfranken. Eigentlich hätte er in seinen Geburtsort Winningen gewollt, was die französische Besatzungsmacht aber nicht zuließ. 1949 schließlich erlebte er noch die Neugründung der Auto Union in Ingolstadt. August Horch verstarb 83-jährig am 3. Februar 1951 in Münchberg. Er wurde als Ehrenbürger von Winningen in seinem Geburtsort beigesetzt.
Wenn Sie nach dem Besuch unseres Zylinderhauses gleich ins Auto steigen, dann können Sie noch einmal dem guten alten August Horch gedenken, der das Lenkrad auf der linken Seite eingeführt hat, um bessere Sicht auf der Straße zu haben.