Klassische Mobilität aus der Vorkriegszeit scheint zumindest in Deutschland nicht mehr gefragt zu sein. Die Retro Classic und Techno Classica 2016, reine Verkaufsmessen mit überwiegend Angeboten von Restaurationsbetrieben und Händlern, demonstrieren dies anschaulich.
Ausrichtung der deutschen Oldtimer-Szene
Die deutsche Oldtimer-Szene ist ausgerichtet auf vergleichsweise junge Großserienwagen schwäbischer Prestigemarken. Eigenartig daran ist nur, dass zum Ausdruck kommende Desinteresse an den zahllosen anderen Marken und Typen aus 130 Jahren Automobilgeschichte. Auch mag der deutsche Hang zum Herdenverhalten eine Rolle dabei spielen.
Die Nachfrage nach Vorkriegsklassikern scheint zu kollabieren. Kaum ein gewerblicher Aussteller hatte Fahrzeuge aus der Zeit vor 1950 mitgebracht.
Preise: Es geht immer noch aufwärts
Die Preise, zum Beispiel für ältere Ferrari und Porsche (356, Urmodell 911, G-Modell, Typ 964) gehen durch die Decke. Ein Porsche mit Heckmotor und Luftkühlung, egal, aus welchem Jahr, bleibt ein Fahrzeug aus der Großserie in direkter Abstammung zum VW Käfer und dessen im Konzept bedingten Nachteilen.
Das gilt auch mit Einschränkungen für bestimmte Modelle von Mercedes (300SL, 190SL, Pagode, Typ R107). Dieser Trend zieht viele Coupés und Cabrios, also im weitesten Sinn Sportwagen, der 50er-, 60er-, 70er und 80er-Jahre, in ein Preisniveau, das man sich vor fünf Jahren nicht vorstellen konnte. Bezahlte Preise für einen Volkswagen T1 über 100.000 € sind für mich nicht nachvollziehbar. Gerade in den hohen Preissegmenten wird das Angebot spürbar größer, da eine Restauration oder ein Replikat eines begehrten Typs das investierte Geld für den Betrieb bzw. Investor meist wieder einspielt.
Verlangt werden fix und fertige, optisch schöne Fahrzeug mit besonderer Geschichte. Immer neue Rekordergebnisse bei den bekannten Auktionen helfen die Preise in neue Höhen treiben. Ob manche dieser Fahrzeuge je auf der Straße zu sehen sind oder sich die Reifen in der Garage platt stehen, wird die Zukunft zeigen. Die Frage muss erlaubt sein, ob es überhaupt genügend qualitativ hochwertiges Material gibt, um der aktuellen Nachfrage in diesem Hochpreissegment gerecht zu werden? Dafür beruhige sich nun der Handel mit Allerwelts-Oldtimern in durchschnittlich gutem Zustand und ohne besondere Herkunft.
Mario Draghis für den Sparer verheerende Null-Zins-Politik und die drohende Abschaffung des 500 € Scheins scheinen das Feuer weiter zu entfachen. Ein Ende des Booms ist kaum zu prognostizieren. Viele kaufen einen Oldie als reine Wertanlage und lassen das gute Stück in der Garage verstauben. Von Standschäden haben die noch nie was gehört, Hauptsache das Geld steht in der Garage.
Ersatzteilversorgung
Gerade bei Porsche und Mercedes ist die Ersatzteilversorgung auch für Fahrzeuge älter als 15 Jahren vorbildlich und auch ein Grund für die Beliebtheit der Marken.
Bei Nutzfahrzeugen, zum Beispiel Büssing, Henschel und Krupp, sieht es mit der Teileversorgung ganz schlecht aus und Nachbauteile sind sehr teuer. So kommt es, dass auf den einschlägigen Treffen jetzt schon die jungen Modelle Mercedes NG und MAN F8 stehen.
Vorlieben der jüngeren Generation
Ein Ferrari 275 GTB/4, ein Lamborghini Miura oder auch ein „echter“ Porsche 911 RS begeistern junge Interessenten und diese können wegen der Leistung gut im heutigen und dichten Verkehr mithalten. Ein weiterer Punkt ist, dass Sportwagen ab den 60er-Jahren bedeutend einfacher zu fahren, zu unterhalten und komfortabler sind als Vorkriegsmodelle.
Marktbeobachtung und Bewertung für Oldtimer
Cabrios, Coupés, Sonderserien, leistungsstarke Modelle und Exoten wurden und werden vermutlich grundsätzlich immer höher bewertet als Limousinen mit gleicher oder geringer Motorleistung.
Das Angebot an vernachläßigten Fahrzeugen auf den Märkten ist zurzeit groß. Eine Hilfe beim Oldtimer-Kauf » Fehler vermeiden finden Sie in meinem eBook.
Nachfrage nach „alten Fahrzeugen in Deutschland gering
Auf diese Frage gibt es mehrere plausible Antworten. Alte Fahrzeuge zu fahren, hängt emotional sehr stark mit dem persönlichen Bezug zu den Fahrzeugen zusammen, die man in seiner Kindheit und Jugend bewundert hat. Sei es der Wagen der Eltern und Nachbarn oder die unerreichbaren Träume aus dem damaligen Autoquartett und den Beiträgen in Zeitschriften seit Jahren zu immer wieder den gleichen Fahrzeugen (Jaguar E-Type, Porsche 911).
Da wundert es nicht, dass sich die heute etwa 40- bis 60-jährige mit einem Youngtimer anfreunden, während ihre Eltern – also die Nachkriegsgeneration – die Oldtimer ihrer Zeit in der Garage stehen haben und diese leider auf Grund des eigenen Befindens nur noch ganz selten aus der Garage heraus holen. Man ist halt nicht mehr so beweglich, um mal locker in einen unbequemen Flügeltürer (MB 300SL, DeLorean DMC12), einen VW-Käfer oder einen Ur-Mini zu hüpfen. Viele Menschen, die mit etwa 45 Jahren damals einen britischen Sportwagen, zum Beispiel Triumph TR kauften, sind heute wieder wegen unbequemer Sitzposition (Lenkradabsstand, schwergängige Lenkungen, Federkernsitze) und schlechten Fahreigenschaften wieder auf dem Markt.
Diese Art von Veteranen sind somit nicht ganz verschwunden, sondern haben sich eher versteckt. Doch irgendwann kommen die meisten Automobile wieder auf den Markt und können zu geringen Preisen (Nachfrage) viel Freude bereiten und Kulturgut sichern helfen.
Eine weitere Aspekt und Erfahrung ist, dass es in mancher Gegend und in manchem Club bzw. Verein schwer sein kann in der Oldtimer-Szene Fuß zu fassen. Man sieht sich dort gerne als elitäre Gemeinschaft.
Es ist also nicht verwunderlich, dass mit jedem Generationenwechsel auch die Vorliebe zu Autos aus der eigenen zurückliegenden Zeit in den Mittelpunkt rückt.
Oldtimer Angebote vor 1950
Schaut man sich die Nachfrage nach historischer Mobilität vor 1950 an, stellt man fest, dass die Nachfrage mit wenigen Ausnahmen gering ist. Viele der angebotenen Fahrzeuge können im dichten Verkehr nicht mehr mit gutem Gewissen betrieben werden.
Frühe Fahrzeuge mit geringer Leistung, zum Beispiel Austin Seven und DKW, suchen zurzeit meist vergeblich einen Käufer. Viele Fahrzeuge der damaligen Zeit haben Motoren mit nur sehr geringer PS-Leistung und können kaum zügig im Bergland bewegt werden.
Problematisch sind der teilweise große Lenkradien zum Wenden, schwergängige Lenkung, unsynchronisierte Getriebe, komplexer Startvorgang und mangelhafte Trommelbremsen mit Seilzugbetätigung, die für den heutigen Verkehr ungeeignet sind.
Auch können fehlende Sicherheitskarosserie und Sicherheitseinrichtungen ein Grund sein.
Nur wenige Modelle der damaligen Zeit bieten einen umfassende Ersatzteilversorgung wie zum Beispiel der Ford A oder Ford T.
Geringe Preise für Alter und Seltenheit
Das hat zur Folge, dass die Preise für wirklich altes Blech in den vergangenen fünf Jahren kaum mehr gestiegen sind. wenn doch, dann niemals in die schwindelerregenden Höhen, wie Ferrari, Porsche und Andere. Das bedeutet zusätzlich, dass Spekulanten fast ganz aus dem Markt für Vorkriegsfahrzeuge verschwunden sind.
Sicherlich ist aus Auflösung von Sammlungen gutes Material vorhanden. Ein Blick in die internationale monatliche Zeitschrift The Automobile oder die Webseite Pre-war Cars zeigt das deutlich. Der Reiz von Vorkriegsfahrzeugen zeigt sich auch in den Besprechungen von historischen Fotos.
Die Preise sind im Vergleich zu denen von Sportwagen aus der Nachkriegszeit geradezu gering. Es muss daran erinnert werden: Vorkriegsfahrzeuge sind in der Regel viel seltener und aussergewöhnlicher als alles, was Porsche und Ferrari je gebaut haben.
Heute erhält der Käufer für das gleiche Geld, das ein Porsche 911 aus den Sechzigerjahren kostet, ein Einzelstück eines Rolls-Royce mit Sonderkarosserie aus den 30er-Jahren. Manches aus der Zeit ist sicherlich technisch aussergewöhnlicher und kulturgeschichtlich wertvoller.
Es bleibt aber die Frage, ob sich ein Kauf in ein Vorkriegsfahrzeug lohnt. Kurzfristig sicher nicht, der Markt verlangt derzeit nicht nach solchen Wagen. Doch es ist anzunehmen, dass das Geschäft wieder anziehen wird, denn im Gegensatz zu den Fahrzeugen aus den fünfziger-, sechziger- und siebzigerjahren ist der Nachschub an gutem Material geringer. Zu klein war in den Jahren vor dem Krieg die Produktion, zu viele Fahrzeuge gingen im Laufe der Jahrzehnte verloren. Es ist möglich, dass sich Sammler irgendwann auf Werte besinnen wie Seltenheit, Kulturgeschichte und technische Spezialitäten.
Youngtimer sind die neuen Oldies
Ein weiterer Aspekt ist, dass Youngtimer erschwinglich sind und bringen so eine breitere Masse und vor allem junge Menschen mit einigen Modellen zu unserem Hobby. Prestige, Image, Leistung mit Turbo und Ausstattung stehen hoch im Kurs.
Bei einem, zum Beispiel 1988er Audi Quattro Coupé 20V oder VW-Porsche 924 hat der Eigentümer einen netten Flitzer für Youngtimer-Rallyes für jede Jahreszeit und kann diese für seine Zwecke optisch und technisch modifizieren ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, denn noch wird kein mobiles Kulturgut zerstört.
Anderseits besteht keine Nachfrage an ehemaligen Alltagsautos wie Opel Astra, Opel Omega, FIAT Uno, Fiat Ritmo oder vielen historischen Ford Modellen.