Diese wahre Geschichte berichtet von einem gewünschten Pferd, das zu einem Chevrolet Pickup mutierte. Das rostige Gefährt wurde von einer damals jungen Dame mit Unterstützung des Vaters innerhalb von sechs Jahren in einen neuwertigen Zustand versetzt.
Es begann damit, dass die junge Dame, gerne wie viele Mädchen ein Pferd haben wollte. Doch der Vater war skeptisch und gab zu bedenken, wer sich denn um das Pferd kümmert, wenn die damals junge Dame mal keine Lust zur Pflege und Ausreiten hat. Bei einem Auto in der Garage kann man die Tür schließen und dann ist Ruhe… Doch die an Technik interessierte Tochter hatte einen längerfristigen Plan.
Die junge Dame griff die Idee des Vaters auf, suchte in Zeitschriften ein passendes Auto für sich. Anfang der 90er Jahre gab es noch kein Internet und keinen Euro! Nach ungefähr sechs Monaten Recherche stieß Sie auf einen Chevrolet Stepside 3100 Pickup aus dem Jahr 1957 und war sofort vom Aussehen, Technik und Zustand begeistert. Das rostige Stück sollte 8.000 DM kosten. Die vom Käufer erhaltenen Bilder überzeugten und begeisterten den Twen und nun war der Vater am Zuge, denn Väter halten die eigenen Versprechen gegenüber der Tochter ein.
Auf einer Rückreise besichtigten dann Vater und Mutter den auserwählten Pickup bei dem Händler.
Das Urteil des Vaters war klar und deutlich. Es wartet viel Arbeit, aber der Pickup war weitestgehend ohne fehlende Teile und damit komplett. Also ein Projekt für die nächsten Jahre … Eine geräumige Garage wartete und die Neugier und das Interesse an historischer Technik bei beiden war vorhanden. Der Umfang der zu tätigenden Arbeiten war nicht kalkulierbar.
Inhalt des Beitrags
Transport
Mit einem gemieteten Autotransporter wurde der Chevrolet Pickup dann nach dem Kauf mit dem amerikanischen Certificate of Title abgeholt. Nach einer beschwerlichen Reise über viele Steigungen erreichten Vater, Tochter, Pickup und Autotransporter die heimatliche Garage. Nach 33 Jahren Arkansas (USA), einer Schiffsreise und Standzeit bei einem Händler hatte der Pickup wieder ein Dach über dem Rost.
Den Holzfällerutensilien und den geschweißten Stoßstangen nach wurde er in Arkansas in jungen Jahren für Forstarbeiten genutzt. Dann wurde er lange Zeit nicht mehr gefahren und stand zu gewuchert im Abseits. Dort wurde er vor fast 25 Jahren von einem deutschen Händler entdeckt, der ihn kaufte und nach Deutschland überführte. Per Schiff ging es nach Bremerhaven, wo er leider nicht von selbst von Bord fuhr, sondern Mithilfe eines Gabelstaplers vom Schiff geholt wurde. Das Zeitalter, dass von USA nach Europa historische Fahrzeuge in Containern reisten, war noch nicht angebrochen. Beim Abladen wurden die Türen beschädigt, da diese tiefer als der Rahmen lagen. Doch es dauerte noch sechs Jahre bis er in Deutschland wieder auf die Straße neuwertig zurück kehrte.
Demontage
Wie immer begann die Restauration mit der Zerlegung und Dokumentation der Teile, meist an Wochenenden, wenn es warm genug war und die Tochter nicht etwas anderes im Sinn hatte. Meist wurde ab Freitag Nachmittag gearbeitet und die Mutter sah Vater und Tochter nur zum Essen.
Fahrwerk
Die Holzplanke der Pritsche des Pickup wurde als Kompost entsorgt. Ebenso wurden Motor und Getriebe ausgebaut und das Führerhaus vom Rahmen abgenommen. Nachdem alles zerlegt war, wurde zunächst das Fahrgestell bearbeitet. Als erstes wurde der aus massiven U-Stahlträgern gearbeitete H-Rahmen wieder in Stand gesetzt. Der Rahmen wurde im Freien mit Sand gestrahlt. Dann mit Rostumwandler konserviert, anschließend grundiert und mit einem speziellen Lack aus dem Brückenbau bis heute vor dauerhaftem Rost geschützt. Danach wurden Fahrwerk und Rahmen getrennt und alle Teile einzeln restauriert. Der Rahmen wurde solange zur Seite gestellt. Die Achsen wurden überholt, die Bremsen zerlegt, Verschleißteile erneuert, Blattfederpakete getrennt, entrostet, neu gepackt und gelagert. Dann wurden Rahmen und restaurierte Einzelteile wieder zusammengesetzt. Neue Bremsleitungen wurden verlegt und neue Stoßdämpfer ergänzt. Der stabile Rahmen nebst Achsen war nun wieder im Zustand neu. Während eines Gießereipraktikums der Tochter wurden alle Kleinteile mit Sand gestrahlt.
Kabine
Das zukünftige “Frauenhaus” wurde demontiert und Scheiben, Dichtungen, Türen und sonstige Anbauteile entfernt. Die notwendigen Schweißarbeiten an tragenden Teilen wurden von einem Fachmann ausgeführt. Rost und alter Lack wurden sorgfältig entfernt. Mit einem Passivierungsmittel wurde der Rost in den Poren behandelt. Dann wurden Kompressor und Farbspritzpistole für die Grundierung der Metallteile angeschafft. Zunächst wurde eine Trenngrundierung aufgebracht, die Reaktionen zwischen alten Lackresten und neuem 2K-Acryllack verhindern sollte. Die Farbe des Decklackes wurde nach einem Muster des Originallackes neu gemischt. Erst im dritten Anlauf sollte es gelingen ein Mischrezept für den notwendigen Lack Original “Indian Turquoise” zu bekommen. Die Garage wurde dazu in eine Lackierkabine verwandelt und vor der Garage die Kleinteile getrocknet.
Sie erinnnern sich noch, dass beim Transport vom Schiff die Türen an den Unterkanten zerdrückt wurden. Zwei gebrauchte Türen waren nicht zu gebrauchen, denn im Jahr 1957 wurde noch nicht so genau bei der Montage gearbeitet wie heute. Die Türen waren zu groß und trotz aller Versuche die Türen ein zupassen waren vielen Stunden vertan, Vater und Tochter waren um eine Erfahrung reicher. Daher wurde beschlossen, doch wieder auf die originalen Türen zurück zugreifen und ein gelernter Karosseriebauer mit Erfahrung hat beide wieder in die ursprüngliche Form gebracht.
Überholung des Motors
Auch hier galt wieder aus alt mach neu! Der Motor “Thriftmaster 235 six” wurde vom Fahrgestell entfernt und in Einzelteile zerlegt. Der Zylinderkopf wurde zum Überholen weg gegeben und mit Hochleistungsventilschaftdichtungen versehen. Kurbelwelle und Kolben wurden nicht demontiert. Die krummen Stösselstangen und Ventile wurden durch Neuteile ersetzt. Äußerlich wurden alte Lackreste und Dreck entfernt und alles neu lackiert. Anbauteile wie Vergaser, Öl- und Luftfilter, Anlasser und Lichtmaschine wurden ebenfalls überholt. Dann wurde alles zusammengesetzt und der Motor mit 140 PS bei 4.200 U/min. und einem Drehmoment von 210 Nm bei 2.000 U/min wieder auf dem Rahmen montiert. Die schiere Kraft wurde über ein 3-Ganggetriebe auf die Hinterachse übertragen.
Montage
Ein neuer Kabelbaum wurde eingebaut und die überholten elektrischen Bauteile angeschlossen. Das Kühlsystem und die Lenkung wurden wieder eingebaut. Und dann ging es mit einem Benzinkanister als Tank aus eigener Kraft zur Jungfernfahrt hinaus aus der Garage.
Schritt für Schritt wurden Teile wieder eingebaut und langsam war auch wieder ein Pickup zu erkennen. Die Ladefläche wurde von einem ausgebrannten 57er Chevy-Pickup erworben. Lediglich der mit einem Ausschnitt für das Reserverad versehene linke Kotflügel wurde von der alten Pritsche übernommen. Natürlich wurde immer wieder ausgiebig getestet, denn Pickup fahren machte Tochter und Vater Spaß!
Nach sechs Jahren ging es dann auf den eigenen Rädern zu einem Fachbetrieb zur endgültigen Lackierung. Dort war der Pickup nur ein Objekt wie jedes andere Fahrzeug auch und jede Menge Nacharbeit war die Folge für Tochter und Vater. Die Pritsche wurde lackiert und der Boden bekam neu Bedstripes. Die Komplettierung schritt dann zügig voran, Türen und Scheiben wurden eingesetzt. Grill und Scheinwerfer gaben dem Chevrolet wieder ein Gesicht. Zur Vervollständigung wurden die Chromteile dann montiert und noch notwendige Dichtungen eingesetzt.
Hinweis: Mit Klick auf ein Foto mit dem Mauszeiger (PC) oder Berührung mit dem Finger (Smartphone, Tablet) wird der Wechsel zum nächsten Foto durchgeführt.
Belohnung und Ergebnis der Geschichte
Auf einem Treffen für Amerikanische Fahrzeuge gab es damals den Pokal für den schönsten Pickup!
Der damalige Neupreis betrug 1957 ungefähr 1.800 US-Dollar und in die Aufarbeitung wurden inklusive Fahrzeugkauf ungefähr 33.000 DM investiert. Die Arbeitszeit wurde nicht bewertet.
In den USA gibt es einige Händler, die sich auf Chevy-Pickups spezialisiert haben. Für die Restauration wurden viele Teile in den USA per Post oder Telefax bestellt, während einiger USA-Aufenthalte wurden die Händler auch direkt aufgesucht. Damals im Zeitalter vor Online-Shops im Internet gab es gedruckte Ersatzteillisten mit Bestellnummern.
Und die Moral der Geschichte: Zum historischen Chevrolet Pickup gesellte sich noch das sehnlichst gewünschte Pferd als weiteres Familienmitglied.
Quelle: Erzählung und Aufzeichnungen von Tochter und Vater