Oldtimer Zustand besser als neu oder lieber mit Patina?

Betrachtet man bei Treffen oder einer Oldie-Ausfahrt die Altersgruppen klassischer Fahrzeuge, so finden sich besonders teure Exemplare oft im Zustand „besser als neu“ oder idealerweise im Originalzustand, also ungeschminkt. Das sind die wahren Überlebenskünstler!

Langsam vollzieht sich in der Oldtimer-Szene ein Umdenken. Statt mit aktuellen Materialien vollständig neu aufgebaut oder gar nachgebaut, wecken Fahrzeuge mit Erstlack und Patina mehr Interesse. Die Zauberworte sind Originalzustand, unverbastelt und altersbedingte Patina, gebildet durch die Jahre und Betrieb.

Citroën Prototyp M35 Nummer 89 mit Wankelmotor

 

Kostspielige Liebhaberstücke und Cabrios mit den Attributen untergestellt in trockener Garage, selten, regelmäßig gewartet und gepflegt und wenig bewegt haben die größten Chancen auf ein langes und Autoleben. Alltagskutschen aus großer Serie besitzen wesentlich geringere Chancen zum langfristigen Überleben. Nutzfahrzeuge wurden angeschafft, genutzt, verbraucht und entsorgt.

Das Thema Bewertung durch Sachverständige klassischer Fahrzeuge lassen wir mal außen vor, denn die Festsetzung eines Wertes hat wenig mit dem Marktpreis oder Wiederbeschaffungswert zu tun. Auf jeden Fall wird der Bekanntheitsgrad der Marke, des Modells und Originalität von vielen Käufern oft durch einen höheren Kaufpreis honoriert als eine Reproduktion.

Es ist langwierig und schwierig gut erhaltene Fahrzeuge zu finden, die in den wichtigsten Details der Erstzulassung entsprechen und dabei die eigene Geschichte mit all ihren Gebrauchsspuren und Blessuren zeigen. Es gibt Menschen, die ihre Autos pfleglich behandeln und nicht als Verbrauchsgut sehen!

Vollständige oder nur noch in Teilen vorhandene Fahrzeuge im Zustand 5 lassen sich in vielen Fällen nur mit sehr viel Geld in einen makellosen „besser-als-neu“-Zustand mit aktuellen Materialien zurück verwandeln. Manchmal sind es auch nur Nachbauten historischer Fahrzeuge. Ein Beispiel für einen Nachbau ist das BMW 328 Kamm Coupé.

Der Oldtimer-Weltverband Fédération Internationale des Véhicules Anciens (FIVA) hat einen “Leitfaden mit Vorschlägen zur Restaurierung von historischen Fahrzeugen” zur Diskussion gestellt. Die FIVA ist der Meinung, dass veränderte Objekte Gefahr laufen, ihren kulturhistorischen Quellenwert zu verlieren. Aus diesem Grund setzt sich die FIVA für Oldtimer im Originalzustand ein. Eine nahezu ursprüngliche Verfassung von Lack, Polsterstoff oder Leder, Blech und Mechanik begeistern.

Für den fachgerechten Umgang bei einer Wiederherstellung ist das Wissen um die Werkstoffe und damaligen Herstellungstechniken notwendig. Sicherlich ist es ein Unterschied ob eine historisches Fahrzeug für eine Aufstellung in einem Museum konserviert und restauriert wird oder wieder auf öffentlichen Straßen in Betrieb gehen soll. Sind durch gesetzliche Sicherheitsauflagen an einem Oldtimer Änderungen nötig, so sollten sie unauffällig sein. Wenn Teile nach gefertigt werden, sollten diese durch Kennzeichnung dauerhaft kenntlich gemacht werden, um Nachbau vom Original zu unterscheiden. Es gibt leider Bugatti und andere Fabrikate, die dem Original gleichen, aber Nachbauten ohne jede Echtheit darstellen. Die Krönung der Fälschung ist technisch aufgebrachte Patina, um Originalität vorzutäuschen.

Rekonstruktion auf Bentley MK VI Chassis mit "Petersen Le Mans-Body"

 

Ob manche Menschen wirkliche Oldtimer Liebhaber sind, möchte ich bezweifeln, denn zum Beispiel mit einem renovierten Mercedes Benz Cabrio aus den 50er Jahren erregt man mehr Aufmerksamkeit als mit einem Mercedes Benz Cabrio Baujahr 2011.

Doch muss letztendlich jeder selbst entscheiden, welches alte Fahrzeug erhaltenswert ist und wie original es sein soll. Wer die Musik bezahlt, kann auch bestimmen, was gespielt wird. Insofern propagiere ich Toleranz gegenüber unterschiedlichen Ansichten.