Die Freunde der Marken Borgward, Hansa, Goliath und Lloyd trafen sich vom 9.- 11. Juni 2017 in Wetzlar. Am Samstag fand auf der Lahninsel die Ausstellung der mitgebrachten Fahrzeuge und der Teileverkauf statt.
Der Veranstalter, Borgward Club Frankfurt-Würzburg, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die vielen schönen und seltenen Modelle der ehemaligen Unternehmensgruppe Carl F. W. Borgward zu hegen und zu pflegen, um so viele Automobile wie möglich, der 50er Jahre und früher, vor dem endgültigen Untergang zu bewahren. Der Club veröffentlicht auch den Borgward Kurier.
Teilnehmer des Borgward, Goliath, Hansa und Lloyd Treffens
Bei sommerlichem Wetter waren Limousinen, Kombis, Coupés, Cabrios und wenige Lastwagen aus der bereits 1961 untergegangenen Unternehmensgruppe aus Nah und Fern, Dänemark, Niederlande, Schweiz nach Wetzlar, größtenteils auf eigener Achse, angereist. Fahrzeuge des Typs Isabella dominierten das Treffen. Mit den bei guter Wartung zuverlässigen Borgward Motoren ist auch heute noch fallweise eine Fahrt über die Autobahn, mit dem Komfort der 50er Jahre, möglich. Die Technik ist überschaubar und die 6 Volt Elektrik war bereits in den 50 Jahren nicht mehr zeitgemäß. Wie ich an einem Fahrzeug beobachten konnte, war der Wechsel von Glühbirnen auf LED am Rücklicht bzw. Bremslicht nicht erfolgreich. Vermutlich durch Korrosion der Kontakte kam am Rücklicht so wenig Spannung an, dass die LED gar nicht leuchteten! Eine LED benötigt im Gegensatz zu einer Glühbirne eine Mindestspannung. Eine komplette Überholung der Elektrik für die eigene Sicherheit ist an diesem Fahrzeug fällig!
Auffallend beim Treffen war der unterschiedliche Grad der Individualisierung der mitgebrachten Fahrzeuge und Qualität. Man muss wissen, dass es in den 50er Jahren praktisch keinerlei Rostvorsorge bei der Karosseriefertigung gab. Viele Fahrzeuge wurden bereits in den 80er- und 90er Jahren umfangreich restauriert, manche erneut in den vergangenen Jahren. Vom gebrauchten Fahrzeug mit Patina bis zum überrestaurierten Cabrio nach aktuellem Qualitätsstandard waren die Automobile zu begutachten. Der Hansa 1100 Cabrio (4-Zylinder) von 1936 war das einzige Vorkriegsfahrzeug in der Ausstellung. Wegen der zunehmenden Verkehrsdichte und fortschreitendem Alter der Eigentümer bleiben immer mehr Vorkriegsfahrzeuge dem Straßenverkehr fern oder suchen einen neuen Freund.
Besonders Interesse weckten beim Autor einige Fahrzeuge
Die Borgward Isabella (1954–1961) mit vier Türen war ein Einzelstück und wurde bei einer Firma Dietrich in Basel als Einzelstück aus einer zweitürigen Isabella vor vielen Jahren umgebaut. Die vorderen Türen wurden damals gekürzt und die hinteren Türen individuell erstellt und angepasst (Bild in der Fotogalerie). Wie ich in Erfahrung bringen konnte, gibt es noch eine zweite Isabella mit vier Türen, erstellt von einem Karosseriebaumeister und Isabella Sammler. Diese viertürige Limousine hat eine sichtbare B-Säule. Borgward baute nie serienmäßig eine viertürige Isabella, da er gerne seinen P100 (1959–1962) als Taxi verkaufen wollte.
Auch gab es keine Isabella Kombi mit einem Dieselmotor. Der wurde nur in die Limousine mit 42 PS eingebaut. Der gezeigte dunkelrote Kombi besaß einen Dieselmotor mit 50 PS, der aus einem Borgward Diesel, später bei Hanomag von einem ehemaligen Borgward Mitarbeiter, weiter entwickelt wurde. Der eingebaute Kühler im Kombi stammt von Hanomag (Bild in der Fotogalerie).
Einige der sehr seltenen Borgward Isabella mit Faltdach waren nach Wetzlar gekommen und noch weniger Fahrzeuge dieses Typs besaßen ein Stahlschiebedach (Bilder in der Fotogalerie).
Zwei Borgward Coupés waren mit der optionalen hohen Stoßstange für den USA-Markt ausgerüstet. Natürlich durften auch zwei Exemplare mit damals zeitgenössischer Heckflosse am Isabella Cabrio, Arabella und Goliath nicht fehlen (Bild in der Fotogalerie).
Auffallend war an einem Isabella Borgward Coupé (Bild in der Fotogalerie) der extrem enge Abstand zwischen Lenkrad und Tür (Bild in der Fotogalerie). Für Personen mit „dicken Fingern“ war dieses Fahrzeug weniger geeignet, denn der Fahrer konnte sich beim Lenken verletzen.
Zwei originale Isabella Cabrios, Baujahr 1959, vom Karosseriebauer Deutsch in Köln waren zu bewundern (Bild in der Fotogalerie). Nur 15 „echte“ Exemplare sind noch bekannt! Einige Isabella Cabrios wurden in den vergangenen Jahren aus Coupés bei einer vollständigen Restaurierung zum Cabrio umgebaut.
Cabriolets nach Deutsch, sind neuzeitliche Umbauten. Mindestens vier Anbieter schnitten seit den 80er-Jahren die Dächer von Coupés ab und arbeiteten dabei sauberer als Deutsch. Aber ihre Umbauten sind Autos im historischen Niemandsland, auf keinen Fall Originale.
Lloyd Roadster: Einen Lloyd Roadster (Bild in der Fotogalerie) hatte ich auch noch nie gesehen. Dieser ist ein Einzelstück und wurde vor vielen Jahren von einem Karosseriebaubetrieb in der Eifel erstellt, wanderte dann in eine privates Automuseum und nach Auflösung wurde der Roadster dann vom jetzigen Eigentümer wieder betriebsfähig hergerichtet.
Beim Besuch der Veranstaltung hatte der Autor auch den Eindruck, dass für den Fortbestand der doch zahlreich erhaltenen Fahrzeuge junger Nachwuchs gefunden werden muss, der die Betreuung des Kulturgutes übernimmt.
Berücksichtigt man den Zustand einiger der Karosserien, Innenausstattungen und Aufwand der anstehenden Arbeiten, dann waren die geforderten Preise für Fahrzeuge, die zum Verkauf standen, recht hoch. Der notwendige Aufwand, also Kauf, Aufarbeitung gerechnet in Zeit, Ersatzteilen und Material, überschreitet dann den Marktwert für wirklich gute Fahrzeuge.
Wer mehr über ehemalige Borgward Fahrzeuge lesen und sehen möchte nutzt den Link zu den Borgward Themen. Ein Interview mit Monika Borgward wurde beim Welttreffen in Bremen geführt.
Ein bemerkenswert zeitkritischer Bericht erschien im Spiegel vom 14.12.1960 unter dem Titel Borgward – Der Bastler.