Ein Tag als Besucher auf der Retro Classic Stuttgart 2016

Wieder einmal stand ein Besuch bei der Retro Classic Stuttgart auf dem Programm. Wer sich für Vorkriegsfahrzeuge und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor der 50er und 60er Jahre interessierte, musste enttäuscht sein, denn diese waren kaum zu finden und gegenüber früheren Messen herrschte dagegen massiver Schwund dieser Spezies.

MG TD
MG TD

Die Nachfrage nach diesen Veteranen-Fahrzeugen geht zurück, weil aus biologischen Gründen die Eigentümer nicht mehr die Autos betreiben können. Wer heute klassische Mobilität kauft, schaut nach Fahrzeugen, die er entweder in seiner Jugend fuhr oder sich damals gar nicht leisten konnte.

Auch waren klassische Fahrzeuge aus Großbritanniens glorreicher Zeit des Autobaus großer und kleiner Hersteller wenig zu sehen. Einige Jaguar E-Typen mit Preisen weit über 100.000 € waren auf den Ständen. Fahrzeuge ehemaliger italienischen Stilisten und Manufakturen waren schon zahlreicher vertreten, denn die Mehrzahl rangierte im hochpreisigen Sektor.

Porsche und Mercedes dominierten die Messe

Die Preise für luftgekühlte Porsche 911, den Traumwagen vieler heute älterer Herren, sind stark gestiegen. Der Markt ist überhitzt. Von den etwa 3.500 zur Schau gestellten Autos trugen rund 300 das Kürzel 911. Das Porsche Museum hielt sich zum Thema 911 auf der Messe zurück. Es setzte auf die Transaxle-Ära der Frontmotormodelle 924, 944, 968 und 928, um hier die Nachfrage, Modelle und Preise zu puschen. Sie waren allesamt in bunten Farben der Siebziger- und Achtziger-Jahre auf dem Stand gehalten. Die extrem hohen Preise der Porsche-Ersatzteile sind auch für Kleinigkeiten bekannt! Auch die neue Massenware der Porsche Modelle 996 und 997 waren schon zahlreich als Ausstellungsstücke vertreten.

Als Beispiele mögen folgende Preise dienen: Ein normales Porsche Coupe 911 mit 2 Liter-Motor wurde für 212.000 € angeboten. Ein nicht kompletter Porsche Speedster 365, viel Teile fehlten, wurde für 106.000 € verkauft.

Retro-Classic 2016
Retro-Classic 2016

Bei den Händlern dominierten die Cabrios der Mercedes Baureihe R107 in allen Qualitäts- und Preisklassen, europäischer und amerikanischen Erstauslieferungen und farblichen Zusammenstellungen von Karosseriefarben und Innenausstattungen. Pagoden und 190SL waren nicht mehr so viele zu sehen. Auch wird das Cabrio R129, von 1989 bis 2001 gebaut, jetzt auch auf der Messe angeboten. Gegenüber dem Markt außerhalb der Messe waren die Angebotspreise der gesehenen R129 sehr hoch. Auch die ersten riesigen S-Klasse Modelle der „Kohl-Ära“ suchten Käufer mit großen Garagen. Erstaunlich waren auch die vielen Mercedes A124 Cabrios an mehreren Ständen und bei privaten Verkäufern. ein Mercedes 190SL im Zustand 6 für 50.000 € zähle ich zur Kategorie Mondpreise.

Erschreckend war auch die Zahl der modernen und fabrikneuen Fahrzeuge, die auf einer „Retro Messe“ ausgestellt waren.

Ein weiteres Beispiel für einen Mondpreis war ein Mercedes 220 S, sehr schön, in Fantasiefarben zweifarbig lackiert und das Exemplar sollte über 200.000 € kosten.

Wenig Kilometer
Wenig Kilometer

Auto mit wenig Kilometer

Gerade bei den vielen Angeboten der Ferrari Modelle war wieder einmal auffällig, dass auf den Tachometern bzw. Beschreibungen auf die „wenig gefahrenen Kilometer“ hingewiesen wurde. Doch das lässt sich nachprüfen, wenn für das Fahrzeug über die letzten Jahre lückenlos Berichte der Hauptuntersuchungen vorliegen, denn dort wird die abgelesene Kilometerleistung am Untersuchungstag festgehalten.

Zubehör Händler

Erstaunlich viele Zubehör-Händler waren nicht nur in einer Halle zu sehen. An den Ständen wurde Neuware und Gebrauchtes angeboten. Wer sich kein hochpreisiges Fahrzeug leisten wollte, konnte ein Modellauto seines Favoriten in unterschiedlichem Modellbau-Maßstab mit nach Hause nehmen. Das Angebot entsprach anderen Teilemärkten.

Gebrauchte Fahrzeuge im Freigelände

Auch in diesem Jahr wurden auf der Freifläche vor dem Hauptmesse-Eingang und innerhalb der Messe diverse jüngere Gebrauchtwagen (Youngtimer) unterschiedlichster Qualität und teilweise hohen Preisen angeboten, wie man Sie auch in den bekannten Portalen wie AutoScout24.de finden kann.

Traktormuseum Bodensee
Traktormuseum Bodensee

Club Präsentationen

Vereine und Club-Präsentationen waren wenig auf der Messe zu finden. Das ist auch nicht verwunderlich, denn es macht wenig Sinn für einen Verein Standkosten und Auslösung für die Standbesatzungen von den Mitgliedsbeiträgen zu bezahlen und die Messegesellschaft verkauft Standflächen lieber an Händler mit entsprechendem Budget.

Hinweis: Mit Klick auf ein Foto mit dem Mauszeiger (PC) oder Berührung mit dem Finger (Smartphone, Tablet) wird der Wechsel zum nächsten Foto durchgeführt.

Fazit zur Retro Classic 2016

1.550 Aussteller aufgeteilt auf 125.000 Quadratmeter Fläche boten überwiegend teure Ware an. Man muss realistisch rechnen, die bekannten und neuen Händler mit wohlklingenden Firmennamen müssen für die eigenen und in Kommission ausgestellten Fahrzeuge Standgebühren zahlen, Übernachtungskosten für Standpersonal und 20 % Bruttoverdienst für verkaufte Fahrzeuge kalkulieren. So ist es nicht verwunderlich, dass hohe „Messepreise“ an der Tagesordnung sind. Schnäppchen waren nicht zu sehen. Wer für ein Fahrzeug zwischen 10.000 – 30.000 € einkaufen wollte, hatte einen unterhaltsamen Tag erlebt und praktisch kein Angebote vorgefunden.

Viele weitere Fotos Retro Classics 2016 finden Sie mit dem Link oder bei Flickr (Jorbasa).

Oldtimer und Youngtimer sind weiterhin ein Thema mit viel Emotionen für Menschen, die Spaß an historischer Mobilität haben, basteln und fahren wollen und anderseits Spekulanten, die gerne die noch vorhandenen 500 € Scheine zu Hause zählen wollen. Ich muss mich fragen, ob der zukünftige Besuch einer derartigen Messe überhaupt die Zeit und Eintrittsgeld wert ist. Gier beherrscht den Markt …

Ein Interview und Video über den Bugatti Royale Roadster Esders gibt es mit dem Link.