Museum „Zylinderhaus“ in Bernkastel-Kues
Das neue Museum „Zylinderhaus“ in Bernkastel-Kues an der Mosel setzt genau hier einen besonderen Schwerpunkt seiner großen Ausstellung über drei Etagen. Neben zahlreichen Oldtimern, Automobilen, Motorrädern und Kleintransportern, sind es ganze Ladenzeilen an historischen Geschäften, die mit ihren erstaunlichen Auslagen große wie kleine Besucherinnen und Besucher gleichfalls faszinieren.
Apotheke und Lebensmittel, Kaffee und Tabakwaren, eine Fahrschule, Radio-, Fernseh- und Foto-Fachgeschäfte, dazu eine Werkstatt und Tankstelle aus den 50er Jahren: Nostalgiker kommen im neuen Zylinderhaus voll auf ihre Kosten.
Wo sind die großen Namen früherer Zeiten
Der Sammler Bernd Benninghoven hat mit seinem Museum das eindrucksvolle Lehrstück zu einem Thema realisiert, das ihm als ehemaligem Unternehmer des Mittelstands besonders am Herzen liegt: Wo sind sie alle hin, die großen Namen der früheren Zeiten? Die meisten gibt es nicht mehr, zumindest nicht eigenständig, denn längst sind fast alle Traditionsfirmen von Großkonzernen übernommen worden, viele haben diesen Strukturwandel nicht überlebt.
Wie hat sich das Konsumverhalten überhaupt geändert?
Es stimmt einen schon sehr nachdenklich, wenn man anhand der Ausstellung realisiert, dass früher praktisch kein Wohlstandsmüll produziert wurde. Lebensmittel wurden in dünne Papiertüten gefüllt, Einkochgläser wurden wiederverwendet, die Milchkanne sowieso. Maschinen und Geräte waren reparabel, Einzelteile konnten getauscht werden und der Kundendienst stand pünktlich vor der Tür, um es zuverlässig in Ordnung zu bringen. An die geplante Obsoleszenz, die absichtlich konstruierte, irreparable Schwachstelle, wie man sie heute allerorten verkauft bekommt, war noch nicht zu denken.
Und so glänzen die alten emaillierten Reklameschilder wie für die Ewigkeit gemacht und werben für Borgward und Nitag, für Zündapp, Juno, Gasolin und Grundig, Telefunken, Wanderer und wie sie alle hießen.
Kurzweilig erfährt man im neuen Zylinderhaus also viel über die deutsche und auch österreichische Industrie- und Wirtschaftsgeschichte, freilich mit einem großen Schwerpunkt auf der Mobilität seit den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Echte Raritäten sind darunter, Pretiosen der glorreichen alten Auto Union, Wanderer und Horch, Raritäten aus dem Borgward-Konzern, dazu Kleinstwagen und selbst ein gestapelter Schrottplatz aus früheren Zeiten ist liebevoll arrangiert worden.
Weitere Projekte sind in Arbeit
Und die Sammlung wächst weiter, denn in der eigenen Restaurierungswerkstatt sind noch manche Projekte in Arbeit. Das Gebäude hingegen ist fast fertig, obwohl die kaiserzeitliche Industriekathedrale mit ihrer stolzen Backsteinfassade tatsächlich neu auf der grünen Wiese entstanden ist, rechts vorm Ortseingang von Bernkastel-Kues, wenn man von der nahen Autobahn die Mosel heraufkommt.
Backstein Industriekathedrale der Gründerzeit
Das imposante Gebäude verfügt auch über eine erstklassige Gastronomie im separat angeschlossenen Restaurant, und die Betreiber bieten dieses Ensemble als gemeinsame Basis für Feiern, Events und Tagungen im einmaligen Ambiente. Das sollte man sich vielleicht als Geheimtipp merken.
Gastautor: Achim Gandras