Frank Schädlich hat sich auf den Weg gemacht…
Gehört hat ja wohl jeder, der sich mit Oldtimern beschäftigt, von diesem Treffen in England. Allerdings macht sich da schon im Vorfeld der Planung eine gewisse Unsicherheit breit, denn es werden gleich zwei Oldtimer Veranstaltungen offeriert. Wo also hin? Einmal das „Goodwood Festival of Speed“ und zum Anderen das „Goodwood Revival“. Sogar noch ein Drittes das „Glorious Goodwood Festival“. Letzteres ein Pferderennen und macht nur für die Freunde der schnellen Vierbeiner Sinn.
Das „Festival of Speed“ ist eine riesen Sommerparty. Wie schon der Name vermuten lässt, es wird von den Teilnehmern Gas gegeben! Den Hügel um das Goodwood House auf Speed hoch und wieder außer der Zeit zurück. Im September dann das „Goodwood Revival“. Hier geht es um die Wiederbelebung einer Zeit, speziell der 40er bis zu den 60er Jahren.
Es wäre doch mal was, zurück in die Entstehungszeit meines TR3 zu reisen? Also auf geht es zum Goodwood Revival!
Reise nach Großbritannien
Nur wie komme ich da hin? Immerhin sind es von Frankfurt aus ca. 850 km. Mit dem TR3 tapfer, tapfer, aber ziemlich sinnlos. Erstmal sieht’s sowieso kein Schwein und zum Anderen das – Englische Wetter – im September? Per Tagesflug von Egelsbach (bei Frankfurt) mit dem Flieger direkt nach Goodwood? Nun ja, da gibt es so was wie monetäre Grenzen. Ich hatte mich schließlich mit „mir“ auf eine touristische Busreise geeinigt. Etwas peinlich für Hardcore Oldie-Fans, ja ich weiß, aber bequem und wie sich im Nachhinein erwies für einen Ersttäter ist es recht sinnvoll.
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Überspringen wir mal die Anreise, wir nähern uns dem Ziel, Goodwood. Der jetzige Earl of March and Kinrara hatte in den 90ziger Jahren die für uns so interessanten Renn-Events ins Leben gerufen. Sein bescheidenes Anwesen mit zwei verschiedenen Autorennstecken, einer Pferderennbahn, einem ehemaligen Militärflugplatz und zwei Golfplätzen bot Ihm dafür alle Möglichkeiten.
Inmitten des riesigen Besitzes liegt das Goodwood House, welches seit dem 17. Jahrhundert von der Familie des Earl bewohnt wird. Engländer sind ja so etwas von bescheiden, „House“ nennen die das! Ein flüchtiger Blick im Vorbeifahren verursachte mir schon einige Zeit anhaltende Schnappatmung. Auf kleinsten englischen Landstraßen nähern wir uns langsam und das ist bitte schön wörtlich zu nehmen, dem Gelände. Immerhin wird in den drei Tagen des Events mit ca. 120.000 Besuchern gerechnet. Mit Engelsgeduld schiebt sich unser Bus Meter um Meter voran. Nicht ohne einige Male das geduldige englische “Queuing” rigoros zu umfahren. Immerhin kann man schon um 7:00 Uhr auf die Parkplätze, das Gelände selbst wird um 7:30 geöffnet! Um die 1000 Oldtimer Fahrer tun sich das trotzdem an. Hut ab, denn selbst auf das Risiko nach den üblichen Regenschauern abends samt Oldtimer auf der Wiese zu versinken, schreckt keinen Besucher ab. Ich konnte Abends einen Londoner Doppeldecker Bus beim langsamen „einbuddeln“ im Morast der Wiese beobachten. Was soll’s, nach ca. drei (!) Stunden Stau, mithin einer gefühlten Ewigkeit, für 60 km (!) vom Hotel zu Strecke, waren wir endlich am Bushalt. Jetzt muss es schnell gehen, alles raus aus dem Bus, der nächste Bus wartet schon!
Reise zurück in die Vergangenheit
Schockstarre! Wo bin ich denn hier hinein geraten? Revival! Einzig das Smartphone in meiner Brusttasche gibt mir die Gewissheit doch nicht irgendwie per Science-Fiction Zeitsprung rückwärts in den 40er, 50er oder 60er Jahren gelandet zu sein! Im ersten Moment einfach überwältigend. Jeder, aber absolut jeder Besucher, ist im Stil dieser Jahre gekleidet. Wer mit Jeans rumläuft fällt auf wie der sprichwörtliche bunte Hund. Nur langsam nimmt man das als gegeben hin und gewöhnt sich daran. Natürlich hatte auch ich mich entsprechend dem Stil der Zeit angepasst. Ist für Männer ja auch nicht wirklich schwer. Ein „etwas“ aus der Mode gekommener Anzug mit Weste und ein stilischer Hut oder eine Kappe genügen um hier mit zu mischen. Für Engländer keine wirkliche Aufgabe, schließlich wird so gut wie nichts weggeworfen.
Für die Damen ist das denn doch schon etwas schwieriger. Aber auch hier hilft der Kleiderschrank der Großmutter weiter. Wer es denn doch noch exklusiver haben will, kann sich an einem der großen Markets direkt vor Ort ausstatten. Von exquisiter Schneider Mode bis hin zu Uniformen samt passender Ordensspange war an den unzähliger Ständen alles nur denkbare (alt)modische zu erwerben. Hüte, Schuhe, Handschuh, Stola, ja sogar vor Ort hergestellte Socken waren käuflich erwerbbar. Darüber hinaus stehen für den letzten persönlichen Schliff Hairdressing für die Damen und Barbershops für den Herren bereit, wo noch mit der klassischen Klinge gearbeitet wird. Wem das dann noch nicht reicht, kann sich so nebenbei auch noch mit einem gebrauchten Fahrzeug ausstaffieren. Alles hat irgendwie Stil. Ein Eis schlecken? Bitteschön, am umgebauten Rolls Royce erhältlich. Sogar ein Stand der bekannten Pur Sang Repliken Schmiede aus Argentinien, nebst neu auferstandenen Alfa Romeo, war vertreten. Anscheinend lohnt sich das, Berührungsängste mit Nachbauten scheint hier Niemand zu haben, wie die zahlreichen Besucher des Standes beweisen.
Fast erschlagen von der Fülle der ersten Eindrücke half mir nur noch eine Übersichtskarte um die nächsten Schritte zu planen. Jetzt mit mehreren Personen ein Gruppe bilden und entspannt über das Gelände schlendern. Ein netter Gedanke, praktisch jedoch fast undurchführbar. Irgendwann bleibt einer stehen, geht verloren und nach und nach löst sich die Gruppe auf. Also selbst planen, orientieren und erst mal die für einen Tag gebuchte Tribüne aufsuchen.
Plane den Tag beim Besuch
Auf der Internet Seite vom Revival hatte ich im Vorfeld die mir vollkommen unverständlich Rubrik „Plan your day“ gefunden. Vor Ort begriff ich was da wirklich gemeint war. Eine grobe Ortsbestimmung bringt die Erkenntnis, ich bin auf dem Gelände „Over the road“. Zu vergleichen mit einem Festivalgelände. Hier zu finden ist neben einem großen Market, das Bonhams Auktions-Gelände, Fashion Shows, ein riesiger Kinder- oder Erwachsenenspielplatz wie man diese an den Englischen Seebädern findet, ein Revival Kino, Tanzvorführungen und eine Steilwandbahn. In einer Holztrommel werden Kunststücke mit Motorrädern, meistens Indian, halsbrecherisch gefahren. An vielen Orten finden sich Tee-Stuben und große Barzelte auf dem Gelände.
Hab’ ich was vergessen? Sicher, einfach unmöglich in zwei Tagen alles sehen zu können. In den Barzelten Livemusik bis 22:00 Uhr. Ich war in einem dieser Zelte. Der Boden war mit Stroh ausgelegt und als Sitzgelegenheiten gab es Strohballen. Urgemütlich, nur Rauchen sollte man wohl besser bleiben lassen. Wenn die letzten Rennen um ca. 18:00 Uhr beendet werden, kann man so recht geschickt die Zeit überbrücken bis die ersten Rückreisestaus aufgelöst sind. Aber so richtig im Geschehen ist „Over the road“ ja nun auch nicht.
Goodwood Renngelände
Mein Geländeplan schickt mich über eine Fußgänger Brücke über die Durchgangsstraße in das eigentliche Goodwood Renngelände. Von der Größenordnung ist mir einfach kein echter Vergleich möglich. X-mal Veterama, x-mal Nürburgring oder x-mal Schloß Dyck? Keine Ahnung, auf jeden Fall um etliches größer als die genannten Veranstaltungen. Was soll es, also rein ins Getümmel. Wer aber meint es wird hier gedrängelt, geschubst oder gepufft, wundert sich. Alles schön lässig und unaufgeregt, Englisch eben. Klar es geht manchmal eng zu, aber immer gesittet. Von einer hektischen Atmosphäre wie beispielsweise am Nürburgring OGP ist hier trotz deutlich höherer Besucherzahlen nichts zu spüren.
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Etliche Zuschauer Tribünen säumen in diesem Bereich beidseitig die eigentliche Rennstrecke. Ich hatte mich für Karten der Start und Ziel Tribüne entschieden. Man muss genau wie die Eintrittskarten für das gesamt Gelände, auch die Tribünen Karten (Grandstands) vorab erstehen. Bereits jetzt können für 2018 die begehrten Karten via Internet erworben werden. Einen Ticketschalter sucht man vor dem Gelände vergeblich. Alle Karten sind weit vor dem Event bereits ausverkauft! Lediglich unter der Hand kann man vor Ort noch Karten ergattern. Einleuchtend, zu gesalzenen Preisen natürlich. Einmal zu „meiner“ Tribüne durchgekämpft, war ich etwas ernüchtert. Eine überdachte Tribüne, auf der es nebenbei ziemlich ungemütlich zog, mit Plastiksitzen. Andererseits waren hier optimal die Startvorbereitungen zu beobachten. Der Blick ist vollkommen frei, weder Meter hohe Fangzäune und sonstige störenden Betonkonstruktionen verstellen den Blick. Wer den OGP am Nürburgring kennt und etwas ähnliches erwartet hatte, wurde auch hier wieder einmal positiv überrascht. Eine ideale Position um den Startvorbereitungen zu beobachten. Starts werden hier regelrecht zelebriert. Kein durchpeitschen der Rennen nach Uhr und Programmheft, kein hektischer Streckensprecher aus einem unverständlich plärrenden Lautsprecher, keine sinnlos herum irrenden Offizielle auf dem Startfeld. Im Gegensatz dazu ruhige und verständliche Ansagen über die alte Lautsprecheranlage. Locker marschieren Gridgirls mit Ihren Reihennummern auf. Auf allen Motorstrecken dieser Welt nicht wegzudenken, außer am OGP. Knapp und knappst gekleidet, selbst bei den allgegenwärtigen Regenschauern immer mit einem Lächeln. Ob sich die zum Start aufgereihten Fahrer davon ablenken lassen? Könnte ich mir gut vorstellen. Nachdem die Rennwagen aus dem Vorstartbereich heraus und an den Startpositionen aufgereiht sind, verlassen die Gridgirls Ihre Positionen.
Der Start erfolgt mittels Fahne. Start frei: Eine Positionsanzeige gibt es selbstverständlich auch, nur erfolgt diese mit Nummernschildern am Zeitmesserturm, welche von Hand ständig ausgewechselt werden. Gleichermaßen erfolgt die Runden Zählung. Es ist eben alles noch weitgehend original aus den 60er erhalten geblieben und wird auch so genutzt. Die Fahrer werden natürlich auch via Schilder informiert. Wenn man jetzt aber glaubt die Fahrer ließen es ruhig angehen, der irrt gewaltig. Es wird getreten was das Zeug hält. Unglaublich, noch unglaublicher aber die Tatsache, dass man als Zuschauer kaum 10 Meter von der Strecke die vorbei rasenden Rennwagen beobachten kann. Immerhin „geschützt“ durch einen dekorativen ein Meter hohen weißen Holz Lattenzaun. Sicherheit? Vergiss es. Have fun!
Die Motorsportstrecke rund um Goodwood Airfield
Die Motorsportstrecke führt um das im Zweiten Weltkrieg erbaute Goodwood Airfield. Während des Krieges begannen die hier stationieren Piloten die Straße um das Flugfeld als Rennstrecke zu nutzen. Der Platz diente als Notlandeplatz für mit Hurricane und Spitfire ausgerüstete Jagd-Staffeln. 1948 fand das erste richtige Rennen statt, welches Stirling Moss in der 500-cm³-Klasse auf dem Motorrad gewann. Allerdings beendete er auch hier später seine Karriere. Bei einem Formel-1-Rennen im April 1962, kam Stirling Moss von der Strecke ab und prallte gegen einen Erdwall. Er brauchte über ein Jahr zur Genesung. Im Laufe der Jahre war die Rennstrecke Austragungsort zahlreicher Rennen. Aufgrund der immer höheren Geschwindigkeiten genügte die Strecke ab 1966 nicht mehr den erforderlichen Sicherheitsstandards. Der Rennbetrieb wurde eingestellt und die Strecke still gelegt. Seit 1998 findet jährlich im September das Goodwood Revival statt. Teilnehmen dürfen Fahrzeuge, die in der damaligen Zeit auf der echten Rennstrecke gestartet sind (1948–1966). Das sich die Strecke noch weitgehend im damaligen Zustand befindet, macht einen weiteren plus Punkt dieser Veranstaltung aus. Nur eben wie gesagt, Sicherheitsstandards wie in den 60er Jahren. Uns freut’s heute so nahe am Geschehen zu sein. Ein Unfall wie 1955 in Le Mans ist hier jederzeit auch vorstellbar. In diesem Jahr hatte lediglich ein seltener Ferrari 250 GTO/64 einen heftigen Crash im Reifenstapel.
Dass man da Beistand von ganz „Oben“ braucht, ist auch klar. Jeden Morgen um 9:00 Uhr wird daher die Strecke geweiht. Eine zackig aufmarschierende Militärkapelle begleitet den Pfarrer auf die Strecke. Auf der Start- und Zielgeraden nimmt er seine Weihe vor. Skurril, aber wenn’s hilft. Ebenso zackig, wie sie einmarschiert waren, verlassen Pfarrer und Kapelle die Strecke. In diesem Jahr war direkt nach der Weihe die Show Fahrt der speziellen Gäste. Jedes Jahr wird aus einem besonderen Anlass, in diesem 60 Jahr Cinquecento, gefeiert. Celebration wie man es hier nennt. Mithin stürmte eine Meute von 150 Fiat 500 die Strecke zur Parade. Das fehlende Motorengeräusch der Renner machten die Kleinen mit umso lauteren Fanfaren Tönen wett. Sichtlich zum Spaß der Fahrer und Zuschauer. Begleitet wurden die 500er noch von historischen Fahrrädern. Der Zusammenhang mit den Fahrrädern hat sich mir dabei nicht so recht erschlossen, witzig war es trotzdem.
Zurück auf dem weitläufigen Gelände
Irgendwann zieht es einem von der Tribüne und zu den spannenden Aktionen wieder auf das Gelände zurück. Es gibt ja noch so viel zu sehen. Um von der einen Seite der Strecke auf die andere Seite zum eigentlichen Infield zu gelangen, stehen immerhin zwei(!) schmale, enge Fußgängertunnel zur Verfügung. Das Thema Sicherheit wird auch hier weitgehend locker interpretiert. Ein hiesiger TÜV Prüfer würde auf der Stelle mit Schaum vor Mund umfallen und in eine Zwangsjacke gesteckt werden. Der Andrang ist manches mal so groß, dass sich Warteschlangen vor den Tunnels bilden: “Queuing”, kein Thema. Hat man die andere Seite erreicht, stellt man fest, dass sich das Warten echt gelohnt hat. Neben den Tribünen stellen hier, als Hauptattraktion, die Paddocks dar, also die eigentlichen Fahrerlager. Allerdings machen diese den Spaziergang nicht immer so ganz einfach. Einige Paddocks sind frei zugänglich, andere wiederum nur mit speziellen Karten zu besichtigen. Die hier hautnah abgestellten Boliden sind einfach umwerfend. Säuberlich aufgereiht unter einfachen Überdachungen stehen hier Ferrari, Bugatti, Mercedes, Maserati, Lancia, Cooper, u.v.a.m. zum Anfassen. Und ich meine richtig zum greifen! Sinnfreie Schilder wie: „…nur mit den Augen anfassen…“ oder so, findet man hier nicht. Natürlich wird von den Teams auch geschraubt, getestet und was auch immer für die Rennen notwendig ist getan. Nur, der Besucher kann hier direkt daneben stehen und zuschauen! Und wenn es mal regnet, dann füllen sich die Fahrzeugboxen eben mit Schutzsuchenden Zuschauern. Und keiner hat etwas dagegen. Ein Vergleich mit dem neuen Fahrerlager am OGP ist müßig.
Nachwuchsförderung
Nachwuchsprobleme? Nicht so hier. Ein Pedal Car Rennen findet direkt vor der Haupttribüne statt. Ja, richtig gelesen. Ein Tretauto Rennen, welches auch ernsthaft im Programmheft angekündigt wird als „Settrington Cup“. Es sind durchweg Austin J40 Modelle. Vielleicht wegen der Chancengleichheit? Das Ganzen wird mit allem drum und dran durchgezogen. Beginnend mit stilechtem Le Mans Start und professionellem Kommentar. Verbissen, mit aller zur Verfügung stehenden Wadenkraft wird um jeden Zentimeter gekämpft. Nach 100 Metern ist das Spektakel leider schon wieder zu Ende. Eine riesige Gaudi. Die Gewinner werden zünftig im Stiel der 50er mit Siegerkranz geehrt und anschließend fachkundig nach Ihrer Siegestaktik in einem Interview befragt.
© Videoquelle YouTube und Urheberrecht: Goodwood Road & Racing
Später entdeckte ich ein eigenes Fahrerlager nur für die Tretautos, direkt neben den motorisierten Boliden. Ja, wenn Papi seinen Bugatti hier geparkt hat, dann ist das für den hoffnungsvollen Nachwuchs doch nur recht und billig. Nachwuchsförderung auf Englisch. Ob’s hier die gleichen Probleme mit der Jugend hat wie bei uns?
Oldtimer Motorräder
Selbst wer an zweirädrigen Oldtimern seine Freude hat, geht nicht leer aus. Die „Barry Sheene Memorial Trophy“ bietet an Rennmaschinen mit über 30 Startern so ziemlich alles auf, was Rang und Namen hat. Matchless G45, Triumph T110, BSA Gold Star, AJS 7R, Norton Dominator, MV Agusta 500/4, um nur einige Teilnehmer zu nennen, donnern nach einem beeindruckenden Le Mans Start über die Piste. Geschenkt wird, inklusive Abflug auf die Wiese, wirklich nichts. Mit Vollspeed preschen die Rennmaschinen in die Kurve der Start- und Zielgerade. Phantastisch an zu sehen. Schön, dass hier in einem Event Rennmotorräder und -wagen vereint auftreten. Berührungsängste gibt es nicht. Schade das wir derartiges hierzu Lande nicht hinkriegen. Bei Rennveranstaltungen, Oldtimer Ausfahrten und sonstigen Events findet, bis auf wenige lobenswerte Ausnahmen, kaum ein Nebeneinander der 2- und 4-rädrigen Fahrzeuge statt, geschweige denn Miteinander. Schade wir nehmen uns da selbst viele positive Erlebnisse weg. Auch auf dem Gelände fern dem Renngeschehen konnte man Motorrad Clubs antreffen. Vor allem die „Hornets“ hatten mir es angetan. Mit Ihren gelb gestreiften schwarzen Strick Outfits mit der wütenden Hornisse auf dem Rücken hatten Sie schon etwas Biene Maja haftes. Schwere amerikanisch Bikes, „well used“ und Unmengen um die Gruppe verteilte leere Bierflaschen komplettierten das stimmige Bild. Ob Werner Brösel und sein Bölkstoff hier als Vorbild gedient hatte? Schon wieder ein Punkt für Goodwood?
Meine kleinen Meckereien
Typisch deutsch, jetzt haben ich aber genug Positives erzählt! Was gibt es denn zu meckern? Nun ja, das Wetter! Aber dafür können die armen Engländer aber nun wirklich nichts. Goodwood liegt so ziemlich auf dem flachen Land und die Südküste ist nicht weit. Da das Spektakel im September stattfindet, ist immer mit Regen und stürmischen Winden zu rechnen. Ein Regenschirm ist ein absoluter Tipp für die Ausrüstung! Noch was? Also man getraut es sich kaum zu wiederholen, die Verpflegung. Der übliche Ratschlag lautet, dann eben Fish & Chips. Gut Idee, nur die massenhaft angereisten Touristen vom Festland haben die gleiche Idee und entsprechend lang sind die Schlangen an den Ständen. Einmal hatte ich Glück und habe im BMW Biergarten Weißwürste genossen. Noch knapp vor 11:00 Uhr. Unsere Tradition wird natürlich sträflich unterlaufen, denn die Weißwurst wird hier zu jeder Tageszeit verdrückt. Ignoranten, diese Engländer! BMW ist übrigens mit einer sehr großen, festen Ausstellungshalle vertreten. Sicherlich auch auf Grund der englischen Marken die sich im Besitz der BMW Group befinden. Aber auch andere kontinentale Firmen sind mit großen Ständen vertreten wie Michelin und Porsche. Letzter mit einer kleinen Restaurierungs-Werkstatt. Ein andermal habe ich die absolute Niete gezogen. Weitab von BMW wollte ich einfach eine Englische Bratwurst „organic sausage“ genießen. Das war aber nun wirklich etwas nur für Engländer. Selbst den Anzug habe ich mir mit der von Fett triefenden Wurst versaut. Gut das es erst am letzten Tag war. Blieb mir eigentlich nur noch die Verpflegung mittels Kaffee und Kuchen sicher zu stellen und auf das abendliche Dinner im Hotel zu pokern. Sonstige Negativ Punkte? Mal ehrlich, Keine.
Historische Flugzeuge und Militärgeschichte
Also was gibt es noch zu berichten? Immer wieder dröhnen historische Flugzeuge über die Köpfe hinweg. Flugzeuge? Klar, ich bin ja auf einen ehemaligen bzw. immer noch aktiven kleinen Flugplatz. „Air Display“ war das Zauberwort auf welche immer wieder in der Timetable des Programmheftes verwiesen wurde. By the way, das Programmheft ist nicht zu vergleichen mit den Hochglanz Heften, die sonst bei Rennen erhältlich sind. Es ist ein eher schlicht gehaltenes bescheidenes Heftchen, dafür recht teuer.
Die Flugschauen sind eine weitere Ergänzung des umfangreichen Programms. Nur wenige Meter über den Zuschauern fliegen die Maschinen in Formationen Ihre Kurven über der Rennstrecke. Manches mal kam es mir doch recht knapp über den Bäumen vor. Das eigentliche Highlight ist der von der Rennstrecke umgebene Flugplatz auf der Wiese. Die hier ausgestellten etwa 20 Maschinen sind alle wieder aus der Zeit. Jagdflugzeuge wie eine „Supermarine Spitfire Mk IX“ und sogar eine 1943er „Bristol Blenheim“, ein Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg konnten besichtigt werden. Auf einer der Jagdmaschinen elf aufgemalte Hakenkreuze. Befremdlich, nur es sollte wohl die Anzahl der Abschüsse feindlicher Maschinen dokumentieren.
Ein Engländer erklärte mir, das es in diesem Jahr recht wenige Flugzeuge sind. Das läge an den erhöhten Landegebühren. Die Besitzer der schon eh’ nicht billigen Oldtimer Flugzeuge zahlen, um dabei sein zu dürfen. Das ist unglaublich. Wer mutig genug und das entsprechende „preiswerte“ Ticket vorweisen kann, hat die Gelegenheit in einer der Maschinen mit zu fliegen. Unter den Flügeln finden sich Liegestühle zum pausieren, einer Jazzband zu zuhören oder um eventuell auch auf einer kleinen Tanzfläche ein Tanz zu wagen. Nicht wenige taten es sogar. Hier war allerdings eher die Petticoat Fraktion vertreten. Natürlich wie konnte es auch anders sein, am Rande des Flugfeldes ein Zelt mit einem Spitfire Cafe.
Ein Militärflugplatz muss schließlich auch bewacht werden. Oder? Folgerichtig hatten Militärliebhaber ihre Feldlager um das Air Field aufgebaut. Vom Funkleitstand, Kommandozelt, Militärtransporter, Meldekrad und Geschütz war alles aufgeboten um den Flugplatz zu „verteidigen“. Selbst an das englische Pendant der „Fox Tönende Wochenschau“ hatte man gedacht. Ein Kamerateam nebst Filmkamera mit Handkurbel dokumentiert das Geschehen. Ob diese wirklich einen echten Film belichtet haben, möchte ich bezweifeln. Aber stilecht sieht’s schon aus. Jetzt machen auch die vielen Luftwaffenuniformen in den verschiedensten Dienstgraden Sinn. Die waren mir vorher etwas deplatziert vorgekommen. Hier wird dem Militär noch gehuldigt. Berührungsängste? Keine. Bei uns undenkbar.
Kaum zu übersehen, mitten drin eine Gruppe von jungen Damen als Stewardessen in blau und weiß gekleidet. Perfekt posend sobald nur eine Kamera in ihre Nähe kam. Begreiflicherweise konnten es sich etliche, komischerweise ältere Herren, nicht nehmen lassen ein Foto von sich und den Flugbegleiterinnen machen zu lassen. Ein weiteres Detail, das sich dem Besucher erst nach einiger Zeit erschließt. Der Veranstalter hat viele Show Gruppen, meist junge hübsche Mädels, engagiert, welche mitten unter den Besuchern Ihre Aktionen durchziehen. Das ist zum Einen sehr auflockernd und zum Anderen immer wieder nett an zu schauen. Eben, so wie die vermeintlichen Stewardessen. Aber auch Gesangs-, Tanz- und Aktionsformationen sind an jeder Ecke zu sehen. Das geht sogar bis zu einer Gruppe, die eine waschechte Schlägerei inszeniert! Wer das weitläufige Gelände per kostenlosem Oldtimer Taxi queren will, kann das tun. Aber nicht ohne vorher von einer Truppe weiblicher Taxi Driver animiert zu werden. Im Sandkasten, für die lieben Kleinen, erfolgt die Betreuung, wie kann es auch anders sein, durch eben eine solche Show Gruppe. Lustig, zwei als Putzfrauen verkleidete Damen. Die feudelten so vehement an Autos und deren Besitzern herum, bis diese sich endlich zu einer Mitfahrt „erweichen“ ließen. Auf US Liebhaber wartet ein eigenes, liebevoll gestaltetes Areal. Country Musik, amerikanische Vorkriegswagen und „Goodwood Moonshine“ sind hier die Zutaten.
Who is who im historischen Motorsport
Eine der größten Attraktionen ist aus meiner Sicht der Vorstart direkt gegenüber der Start- und Zieltribüne. Hier werden die Autos vor dem eigentlichen Aufreihen an der Startlinie eingesammelt. Direkt hinter den üblichen Zäunen aus weißen Holzlatten kann man zum greifen nahe die Rennwagen und Ihre Besitzer bei den letzten Vorbereitungen beobachten. Nicht nur die Besitzer, sondern auch viele Prominente Ex-Rennfahrer geben sich hier die Ehre. Man erkennt Prominente ganz leicht am Aufgebot der hektisch um sie in Trauben herum springenden Journaille.
Natürlich auch an den Autogrammjägern. Die manchem mir unbekannten Promi mit Ihren Unterschriftsblöcken bestürmten. Jochen Mass soll auch hier gewesen sein, ich habe Ihn nicht gesehen. Sicher ist auch hier viel Show, aber dabei sein ist alles. Who is who im historischen Motorsport, eben. Wenn exklusiv gewandete Damen mit Profi Stoppuhr Brettern sich elegant zwischen den aufstellten Wagen schlängeln, der Earl of March seinen prominenten Gästen persönlich noch alles Gute wünscht oder der stolze Besitzer eines Rennboliden einem Gastfahrer leise letzte Instruktionen gibt. Viel Show, aber eben sympathisch. Interessant für den Technik Freak sind die verschiedensten Methoden den Motor zu starten.
Geschäftig wuseln die Mechaniker in zeitgenössischen Overalls, durch eine einfaches Pappschild am Ärmel als solcher kenntlich gemacht, an den Wagen herum. Es gibt zu sehen: Vom externen Motorstarter, den Starthilfe Batterien bis hin zum Anschieben oder Anschleppen. Als einigermaßen mit der Technik vertrauter habe ich mich immer etwas versetzt zum Auspuff hinter die Renner gestellt. Denn, wenn angelassen wird, interessiert das Keinen wer gerade dahinter steht. So konnte ich mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen als ein Ferrari angelassen wurde. Laut brüllend, hustend und Qualm Wolken ausstoßend und dann zum Leben erwachte. Eine hinter dem Zaun stehende schicke Dame fand das wohl „shocking“ und quittierte die Aktion mit einem wenig damenhaften Satz. Ein ohrenbetäubender Lärmteppich baut sich langsam auf, die Renner rollen zum Start. Ein Nachzügler wird per Service Wagen, ein alter Land Rover mit Kranaufbau, angezogen. Die ganze Prozedur hat so um eine halbe Stunde gedauert. Es lohnt sich definitiv beim Vorstart dabei zu sein.
Besonders schön wenn man direkt nach dem Vorstart die Autos auf der Rennstrecke in Aktion beobachten kann. Wie bei dem „Track Moment 1957 British Grand Prix Celebration“. Es wurde der „Moment“ von 1957 gefeiert in dem Sir Stirling Moss und Tony Brooks als erste britische Fahrer in einem britischen Auto den Großen Preis von Aintree gewannen. Tony Brooks kehrte mit dem siegreichen Vanwall nach Goodwood zurück mit dem er während des legendären Rennens kämpfte.
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Die Formel-1-Saison 1957 ist in der englischen Rennsportfolklore wie selbstverständlich noch in Erinnerung. Mit zehn Autos aus der Saison 1957 war es eine Hommage an das goldene Zeitalter der Formel 1, in dem Fahrer in Polohemden und Hemdsärmeln ohne Sicherheitsgurte, auf hubraumstarken Rennwagen wetteiferten. Natürlich 2017 ohne Polohemden, aber dafür mit modernen Integralhelmen.
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Auf Wiedersehen 2018
Eine Reise nach Goodwood zum Revival kommt für einen Altauto Liebhaber einer Pilgerreise gleich. Zwei oder drei Tage sind dafür viel zu kurz! Tipp: schon jetzt an 2018 denken.
Text und Fotos: Frank Schädlich