Für die Freunde des automobilen Altmetalls ist die Pariser Retromobile vom 3. bis 7. Februar 2016 ein Fixpunkt im Kalender. Die Klassiker-Messe an der Seine ist die Mutter aller vergleichbarer Oldtimer-Veranstaltungen und bietet dem Rendite interessierten Investor ebenso reizvolle Beutestücke wie dem begeisterten Flaneur, der vor allem sehen und genießen will. In diesem Jahr feiert die Messe ihren 40. Geburtstag – unter anderem mit einem Rückblick auf die automobile Landschaft im Jahr 1976.
In diesem Jahr kam bei Artcurial unter anderem ein Ferrari 335S Scaglietti aus dem Jahr 1957 unter den Hammer. Bei Ferraris gilt bei alt plus selten dann ist er bei einer Auktion teuer. Kommen noch Rennerfolge dazu, gar mit Legenden am Steuer, erreichen die Preise schwindelerregende Höhen. Der nun versteigerte 335 S Spider erfüllt alle diese Kriterien locker und im Bestzustand ist er. Entsprechend war das finale Gebot von 32.075.200 Euro bei der Auktion. Der ehemalige Rennwagen geht in die USA.
Die Stände auf der Messe und Ausstellung mit mehr oder weniger geordneten Ersatzteilen aus allen Epochen des Automobils lassen die Retromobile zu einer Mischung aus Show und Flohmarkt mutieren. Die Atmosphäre ist vor allem benzingeschwängert und mit viel Sachkunde beladene Zeitgenossen flanieren durch die Reihen, ohne sich dabei wie bei anderen Messen von weiblichen Reizen ablenken zu lassen. Hier ist der Homo automobilensis unter sich. Er erfreut sich an den Sonderausstellungen, bei denen Modelle, die mehr als 100 Jahre hinter sich gebracht haben und noch immer fahren, gefeiert werden und wundert sich über technische Skurrilitäten, die heute noch befremdlicher anmuten als vor 40 Jahren als sie erdacht wurden, und genießt die unterschiedlichen Eindrücke.
Vor 40 Jahren, als sich ein paar Pariser Oldtimerfreunde in den Kopf gesetzt hatten, eine Messe für altes Blech zu veranstalten, gründete am anderen Ende der Welt ein gewisser Steve Jobs zusammen mit einigen Freunden sein Unternehmen, das bald Weltneuheiten mit einem angebissenen Apfel auf den Markt bringen sollte. In Paris startete die erste Concorde der Air France Richtung Rio, schluckte Peugeot den Konkurrenten Citroën, und mit Niki Laudas Feuerunfall endete die Grand-Prix-Geschichte des Nürburgrings. Was vor vier Jahrzehnten als bessere Ersatzteilbörse begann, nutzt die Industrie heute zwar inzwischen zur Selbstdarstellung, doch die Clubs und Händler, die Tauschbörsen und die verschiedenen Foren haben den ursprünglichen Charakter der Messe nicht nachhaltig verändern können.
Als Zeugen für das Jahr 1976 stehen in Paris unter anderem der legendäre und, wie ein Blick auf das aktuelle Straßenbild zeigt, unzerstörbare Mercedes W 123 sowie der Volkswagen Golf GTI auf dem Podium. Im gleichen Jahr brachte der Alfa Sud Sprint italienisches Flair in die Vorstädte. Mit dem von einem ursprünglich aus dem biederen Renault 30 stammenden und entsprechend aufbereiteten Sechszylinder im Heck verstand sich damals der Alpine A 310 V6 als Porsche- und Mercedes-SL-Jäger, während BMW mit der Sechser-Reihe endgültig in die Premium-Liga rollte. In diesem illustren Feld wirkt der Renault 14, von dem sich das damalige Staatsunternehmen einiges erhoffte, wie ein Fremdkörper. Das schwächliche Modell (57 PS) konnte nie die Erwartungen erfüllen, verschwand bald wieder aus dem Modellprogramm, und ist heute sogar in der französischen Provinz, wo die Uhren noch immer ihren eigenen Gang haben, eine äußerst seltene Erscheinung.