50 Jahre Produktionseinstellung von Facel Vega

Die Hausnummer 19 der Avenue George V in Paris gehört noch heute zu den edelsten Geschäftsadressen der französischen Hauptstadt. Vor 50 Jahren lockte eine der vornehmsten Automarken der Welt ihre Kunden in diese Räume von Facel Vega. Ein Name, der heute fast in Vergessenheit geraten ist. Es ist 50 Jahre her, dass der Facel-Eigner Jean Daninos den Gang zum Konkursrichter antreten musste.

Prominente Kunden von Facel Vega

Die Namen vieler prominenter Kunden sind in Erinnerung geblieben. Zu ihnen zählten beispielsweise der Schah von Persien, der König von Marokko oder die Schauspielerin Ava Gardner und der Rennfahrer Sterling Moss. Sie alle bestellten in der Avenue George V Nummer 19 ein Exemplar jener handgefertigten Autos, die von der britischen Motorpresse nach Rolls-Royce in den späten 1950er-Jahren als das zweitbeste Auto der Welt, gerühmt wurde. Sobald er es sich leisten konnte, unterschrieb auch der Beatle Ringo Starr einen Kaufvertrag. Er muss einer der letzten Kunden gewesen sein, denn wenig später war das Unternehmen nach nur 20 Jahren Existenz pleite und musste von der exklusiven Adresse in Paris Abschied nehmen.

Facel-Vega Excellence
Facel-Vega Excellence

Fahrzeuge von Facel Vega

Auf dem Pariser Autosalon von 1954 hatte sich Frankreichs damals kleinste, aber feinste Autofabrik mit dem Facel Vega FV zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gezeigt. Der sportliche Zweisitzer mit einem amerikanischen 4,8 Liter starken 180 PS V8-Motor von Chrysler beeindruckte mit einem für damalige Zeiten stolzen Spitzentempo von 205 km/h und einer optisch überzeugenden Karosserie. Der Name „Facel“ leitete sich aus den Anfangsbuchstaben von Forges et Ateliers de Construction d’Eure-et-Loir ab, einer kleinen Fabrik für Stanzteile aus Metall. Anfänglich wurden Teile für Küchenmöbel, dann für Flugzeuge, später für Autokarossen produziert.

Jean Daninos und seine Konstruktionen

Der Gründer war der Designer Jean Daninos, der vor dem Zweiten Weltkrieg als Konstrukteur bei Citroën gearbeitet hatte und dort vom Automobil-Bazillus befallen worden war. Er ließ 1951 auf dem Fahrgestell eines Bentley ein eigenes elegant gezeichnetes Auto bauen und nutze es privat.

Facel-Vega HK
Facel-Vega HK

Daninos konstruierte 1953 den Rahmen für einen Sportwagen mit separater Karosserie, der in den folgenden Monaten laufend verbessert wurde. Die Ausstattung wurde immer luxuriöser. Dann war das Fahrzeug reif, um als Facel Vega FV angeboten zu werden. Der Namenszusatz war Daninos‘ Bruder eingefallen, dem Schriftsteller Pierre Daninos. Schließlich trägt der hellste Stern am nördlichen Nachthimmel den Namen Wega. Vier Jahre wurde der Facel den Vega FV mit unterschiedlich starker Motorisierung produziert. Das Modell begründete damals seinen guten Ruf als Edelsportwagenhersteller.

Es folgte 1958 der Facel Vega HK 500 und war die letzte Entwicklungsstufe des sportlichen Coupés. Die Zahl 500 sollte auf das stolze Leistungsgewicht von fünf Kilogramm pro PS des Fahrzeugs hinweisen, das zum wirtschaftlicher Erfolg des Herstellers maßgeblich beitrug. Bis zur Einstellung der Baureihe im Mai 1961 wurden etwa 490 Exemplare gebaut. Äußerlich war er stark an den Vorgänger angelehnt. Die Technik wurde nicht wesentlich verändert, erhielt doch zunächst einen V8-Motor mit 5,8 Litern Hubraum bis zu 360 PS sowie ab Frühjahr 1959 einen Chrysler-Motor Typ 383 mit 6,3 Litern Hubraum mit bis zu 395 PS. Die vier Scheibenbremsen gab es serienmäßig, aber die Servolenkung und das Automatikgetriebe mussten als Extra bezahlt werden.

Von null auf 100 km/h brauchte der Facel Vega HK 500 8,6 Sekunden, auf 100 Kilometer verbrauchte er 16,5 Liter Super. Gleichzeitig mit ihm stellte Facel als einzigen Viertürer den Facel Vega Excellence in den Verkaufsraum an der Avenue George V. Das mehr als fünf Meter lange Auto brachte es auf einen gewaltigen Radstand von über drei Metern und kam dennoch ohne B-Säule in der Mitte aus. Ähnlich teuer wie ein Rolls-Royce, aber ohne dessen sprichwörtliche Qualität brachte es der Wagen innerhalb von vier Jahren nur auf eine Stückzahl von 152 Exemplaren. Ein Opfer des superschnellen Facel-Wagens wurde der französische Schriftsteller und Nobelpreisträger Albert Camus. Er starb in einem Excellence, der am 4. Januar 1960 mit 145 km/h auf der Landstraße Paris – Nizza gegen einen Baum prallte.

Da zu Beginn der 60er-Jahre der Gewinn des Unternehmens erheblich zu wünschen übrig ließ, brachte Daninos 1960 seinen Sportwagen Facellia auf den Markt. Seine Konstrukteure hatten dem Automobil einen Motor aus eigener Konstruktion unter die Haube eingebaut, der innerhalb von nur zwei Jahren entwickelt worden war. In der Absicht, die Grande Nation auch auf Rädern heller strahlen zu lassen, leistete die Regierung Charles de Gaulle Verkaufshilfe. Sie steckte in den damals einzigen Sportwagen französischer Machart über die Banque Francaise du Commeree Exterieur einen Exportfinanzierungs-Kredit von 1,6 Millionen Mark. Die Hoffnungen auf weltweite Reputation gingen jedoch nicht in Erfüllung, denn der französische Export-Renner kam nur selten ans Ziel: Seine Leistung war lediglich durch hohe Kompression erzielt worden. Die Kolben des Motors hielten den Druck nicht aus. Mit Zylinderschäden kehrten etliche der ausgelieferten Exemplare in die Werkstätten zurück.

Der Misserfolg des Facellia brachte die ganze Facel-Vega-Familie in Verruf. Um den Facellia-Makel loszuwerden, stellte Daninos 1963 die Produktion eigener Motoren wieder ein. Als Nachfolger des Facellia brachte er den Facel III mit dem schwedischen und robusten Volvo-Motor B 18 B heraus. Ergebnis: Das relativ schwere Fahrzeug erreichte zwar 180 km/h, beschleunigte aber recht lahm.

Facel-Vega Baujahr 1961
Facel-Vega Baujahr 1961

Das Ende der Edelwagen-Manufaktur leitete schließlich eine neue französische Luxussteuer ein, die auch den Marken Bugatti und Delahaye den Garaus machte. Heute befinden sich die wenigen, erhalten gebliebenen Exemplare in den Händen von Sammlern. Einen Markt für Facel gibt es praktisch nicht. Insgesamt fanden im Laufe der Jahre etwa 100 Exemplare den Weg nach Deutschland.