Tschechien führte die lang ersehnten „Autoschilder mit Text nach Wunsch“ ein. Das geschah jedoch nicht ohne Schönheitsfehler.
Die Schönheitsfehler beim Wunschkennzeichen
Nach langem hin und her in der Bürokratie, wegen System, Erfassung und Preis. Schon vor der langerwarteten Einführung haben sich gleich drei Institutionen grosse Sorgen über die Durchführung und Ethik gemacht. Die Polizei fürchtete den Handel mit Schildern, das Staatliche Institut für tschechische Sprache sorgt sich um die Reinheit und politische Korrektheit. Die Medien des Landes wittern mafiöses Gebaren mancher Verkehrsteilnehmer.
Blacklist mit Namen und Ausdrücken
Und noch mehr: Die grosse Tageszeitung Lidove noviny stellte eine Blacklist mit Hunderten von Namen und Ausdrücken zusammen, die unbedingt verboten gehören. Gerade dies ist sehr problematisch, in einer Sprache die oft von Zweideutigkeit lebt. Mancher Familienname wäre eigentlich recht vulgär, wenn es eben nicht ein Eigenname wäre. Beispiele dafür gebe es genug, wie Säckel als Familienname, der in Tschechien 315x vorkommt.
Andererseits ist Penis zwar kein Vulgarismus, steht aber auch auf der Liste, die hunderte Begriffe umfasst.
Der Preis für zwei Wunschkennzeichen
Der Preis ist ebenfalls für ein Wunschschild recht hoch. Ein Nummernschild kostet 5.000 Kronen (185 €). Pflicht ist es, zwei Nummernschilder zu kaufen, also komplett 10.000 Kronen. Diese Summe entspricht einem Monatslohn für Geringverdiener. Die Höhe ist also gemessen an der Kaufkraft im Lande unvergleichbar höher als in anderen Staaten.
Logisch und befremdend zugleich ist der Zusatz: „verlorene oder gestohlene Nummernschilder können nicht nachgefertigt werden. Man wittert, nicht unbegründet, überall einen möglichen Missbrauch. Die „Wunschkennzeichen“ sind nicht mehr zum Auto gehörend, wie bisher, sondern wie in der Schweiz an die Besitzer, lebenslang, gebunden.
Auf einem Nummernschild haben maximal acht Symbole Platz, wovon mindestens eine Zahl vorhanden sein muss oder gleich acht. 11111111 oder etwa 88888888, solche Zahlenfolgen sind als Erste ausverkauft worden. An den ersten Tagen kehrten einige Interessenten unverrichteter Dinge und wütend nach Hause von der Ausgabestelle zurück, weil „Ihre“ Kombination schon vergeben war. Sonderzeichen sind verboten, Buchstaben G, CH, O, Q, W, wegen leichter Verwechslung sind ebenfalls unzulässig, sowie Abkürzungen, die auf eine bekannte Organisation hindeuten, darunter auch SS, NS, KZ und ähnlich Selbstverständliches.
Interessant und überraschend ist der ausgebliebene Andrang. Während am ersten Tag 800 Wunschkennzeichen vergeben wurden, am dritten Tag waren es nur 200. Nach einer Woche sind 1.654 Wünsche erfüllt worden. Diese Zahl wird bestimmt noch etwas anwachsen, sie ist und bleibt, verglichen mit der Ausgabe in Österreich, wo bereits eine halbe Million solcher Schilder im Umlauf sind, klein. Wenn man den Medien glauben soll, dann ist auch die Angst mancher potenzieller Antragsteller schneller auffällig zu werden. Die gut merkbaren Nummern oder Namen könnten bei Verkehrssünden leichter zu merken sein. Der elitäre oder verpönte, auf Reichtum hinweisende, Beigeschmack ist in Tschechien tief verwurzelt. So wird von Passanten ein vorbeifahrender teurer Wagen lautstark als Mafia – oder „Betrügerauto“ kommentiert. Jetzt gibt es noch das teure persönliche Nummernschild.
Die Zukunft des Wunschnummernschildes in Tschechien
In der Tat ist es noch nicht ausgestanden, wer welche Nummernschilder beantragt. Bei den ganz wohlhabenden Automobilisten und umstrittenen Personen kann der Preis, der „nur“ einen Monatslohn bedeutet, keinesfalls als elitär empfunden werden. Es kann gut sein, dass sich diese Leute um die angeblich nur zufällig zugeteilten, Serienschilder konzentrieren werden. Kombinationen wie 1A1 0001, 1O1 0101 oder 8B8 8888 etc. bekommt man wirklich entweder nur zufällig oder eben durch Korruption. Auf die Wunschnummer haben auch einige Besitzer von Oldtimern gewartet. TATRA603 oder SKODA100 sind bestimmt schon vergeben.
„Es bleibt abzuwarten, wie viele Variationen auf Bond007 auf tschechischen Strassen zu sehen sein werden“, bemerkte ein Kommentator in Prag.
Text: Dr. Georg W.Pollak, sc.
Fotos: Dalibor Feuereisl, CZ