Laurin & Klement – Rendezvous nach neunzig Jahren

Karosserien nach den Patenten von Charles Weymann

Die patentierten Karosserien nach Weymann stellen ein ganz spezifisches Kapitel im Karosseriebau dar. Der klassische Autobau bestand Jahrzehnte aus zwei Komponenten, mit geringfügigen Variationen aus fahrbarem Chassis und Fahrgast-Aufbau, sprich Karosserie. Diese Karosserie bestand wiederum aus zwei Komponenten: Holzskelett erstellt durch das Stellmacherhandwerk und einer Blechhaut. Für das Holzgerippe wurde gutes Holz, regelrechte Holzbalken und Leim verwendet. Sowohl das Holz, wie auch das Blech, Stahl oder Alu, erzeugten während der Fahrt auf damaligen holprigen Straßen unliebsame Geräusche. Die starre Karosserie bekam bald Risse. Die Lärmübertragung „besorgte“ die massive Verbindung zwischen der Karosserie und dem Fahrgestell. Die Fahrgäste saßen wie in einer Resonanzkammer. Dazu kam noch die direkte Verbindung der Sitze mit der Karosserie.

Laurin & Klement mit Weymann Karosserie
Laurin & Klement mit Weymann Karosserie (historisches Foto) © Fotoquelle und Bildrechte: Skoda Auto

Beim Holzaufbau nach den Patenten von Weymann wurde zwar auch Holz verwendet, aber wesentlich dünnere Leisten und dafür etwa doppelt so zahlreich. Die einzelnen Holzteile waren mit Kautschuk oder mit geöltem Papier, dort wo Holz und Metall aufeinander rieben belegt, um das Quietschen zu vermeiden. Diese wurden unter einander mit metallischen Winkeln, Beschlägen und Laschen verbunden. Das filigrane Holzgerippe wurde nur an wenigen Stellen mit dem Fahrgestell verbunden. Dafür wurden die Sitze auf dem Fahrgestell und nicht an der Karosserie montiert. So konnte der Lärm im Innenraum der Karosserie wesentlich reduziert werden. Über den Holzaufbau wurde Kunstleder gespannt, was gegen die Einflüsse der Witterung schützte. Das Wageninnere war aus dünnem, mehrfach verleimten Flugzeug-Sperrholz ausgelegt. Lediglich die Motorhaube war meistens, wegen der Wärmeentwicklung, aus Blech und auch hier gab es Ausnahmen.

Diese Weymann Bauweise hatte mehrere Vorteile: Sie war leichter, sodass sich der Benzinverbrauch reduzierte und die Motorleistung besser genutzt wurde. Die Passagiere erfuhren wesentlich weniger Lärm und die Karosserie war billiger. Auf eine aufwändige Verzierung der Karosserien wurde auch verzichtet. Die Befestigung der Zierleisten auf der weichen Oberfläche, mit dem dünnen Unterbau ist nur umständlich lösbar. Alle Komponenten für diese Bauart der Karosserie ließ sich der Flugzeugbauer Charles Weymann (1889 – 1976) weltweit patentieren.

Nachteil der Karosserien, die zwischen 1920 und 1940 gebaut wurden, war ihre Haltbarkeit. Bedingt durch die Witterung und Unfälle war diese Art von Karosserie schneller ein Totalschaden als Stahlaufbauten. Das Aufkommen der selbsttragende Karosserie war dann das definitive Ende der Weymann’schen Bauart.

Karosserien nach Patent Weymann wurden oft für noblere Autos, für ausgefallene, kundenspezifische Fahrzeuge von namhaften Firmen gebaut. Die Besitzer solcher Autos wohnten meistens entsprechend herrschaftlich. Jetzt kommen wir zum zweiten Teil der Geschichte.

Treffen nach 90 Jahren Laurin & Klement

Das abgebildete Prager Patrizierhaus wurde stilgerecht renoviert. Die neue Adresse ist Janáčkovo nábřeží 39 (Quai Janacek).

Patrizierhaus Prag
Patrizierhaus Prag Janáčkovo nábřeží 39 © Fotoquelle und Bildrechte: Jan Decker

Die städtische Noblesse wohnte in diesem Haus und darum parkten damals auch immer noble Autos am Gehsteig auf der Straße. Die historische Aufnahme eines Laurin & Klement, mit einer Spezial-Karosserie nach Weymann und seltenem Art Deco Muster, stellte dem Autor Michal Velebný von Skoda Auto zur Verfügung. Damals war die Adresse: Nábřeží Legií 14, umbenannt auf Quai der Legionen, in Prag.

Rendezvous nach 90 Jahren
Rendezvous nach 90 Jahren – links: Laurin & Klement mit Weymann Karosserie – rechts: Škoda Superb Modell Laurin & Klement
© Fotoquelle und Bildrechte: Jan Decker

Im Jahr 2016 fotografierte Jan Decker, Direktor bei Prague City Tourism, das schöne Haus und ergänzte: „…gebaut 1876 -77 nach Plänen von Josef Lipovský. 1925 wurde das Gebäude im Palaststil nach Plänen vom österreichischen Architekten Rudolf Eisler für den Generaldirektor des Skodawerke Josef Havranek umgebaut. Das Haus wurde kürzlich stilgerecht renoviert und behielt seinen eklektischer Stil mit barocken und Biedermeier Elementen. Früher wohnten hier herausragende Persönlichkeiten, u.a. Historiker, Univ. Prof. Josef Pekař, Armeegeneral Rudolf Medek, Architekt Josef Zítek oder die Theaterdiva Nataša Gollová…“

Graphische Bearbeitung: Designer und Graphiker Dalibor Feuereisl, F.t.A.
Projektidée,
Gastautor: Realisation und Text Dr. Jiří W. Pollak, sc., Zürich