Oldtimer der Automaten-Kultur – So heißt der Titel der kommenden Sonderausstellung des Auto- und Uhrenmuseum ErfinderZeiten in Schramberg. Am Mittwoch den 29. Juni um 19 Uhr wird die interessante Sonderausstellung eröffnet zu der Interessierte herzlich eingeladen sind.
Kaum jemandem, der heutzutage Geldmünzen in einen Automaten wirft, um die Parkgebühr zu entrichten, Briefmarken oder Zigaretten zu kaufen oder einen Fahrschein zu bezahlen, ist sich darüber bewusst, dass Münzautomaten eine lange, über 100-jährige Tradition haben. Der Siegeszug der Waren- und Dienstleistungsautomaten begann mit der Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Das erste Patent für einen Münzautomaten wurde 1857 in England erteilt. Es handelte sich um den ersten stummen Briefmarkenverkäufer. Schon bald darauf eroberten die ersten Unterhaltungssautomaten die Gasthäuser. Das heißt schon lange bevor Game Boy und Play Station die Spielewelt eroberten, gab es Spiel- und Unterhaltungsautomaten und schon damals faszinierten diese Automaten den „homo ludens“- den „spielenden Menschen“.
Schon Ende des 19. Jahrhundert begannen findige Köpfe sich den natürlichen Spieltrieb des Menschen zu Nutzen zu machen und mit der Entwicklung und Aufstellung von Spielautomaten kräftig am Zeitvertreib der Menschen mit zu verdienen.
Um das Glücksspielverbot zu umgehen, waren die Geräte als Geschicklichkeitsspiele angelegt. Die Unterhaltungsautomaten versprachen für den Einsatz einer Münze wahres Entertainment. Ob es galt, seine Kraft unter Beweis zu stellen, sich mittels sportlicher Wettkämpfe zu messen, sich die Zukunft voraussagen zu lassen oder Bilder zu betrachten, Geldgewinne wurden dabei nie ausbezahlt, sondern höchstens als Wertmarken ausgegeben, die gegen Waren eingetauscht werden konnten.
Die Namen der Automaten wie Fortuna, Zeppelinschleuder, Fußballer oder Geldbriefträger ließen durchaus Rückschlüsse auf die Gewinne zu. Ein Glas Lagerbier, eine Havanna, ein Glas Wein, einen Cognac, 10 Zigaretten oder sogar Parfum lockten als Preise, die anschließend beim Wirt abgeholt werden konnten. Diese Automaten stießen damals in Gaststätten und anderen gesellschaftlichen Treffpunkten auf große Beliebtheit beim Publikum.
Automaten – Ausdruck einer technischen Revolution
Vom Schokoladen- bis zum Schuhputzautomaten, vom Liebeshoroskop bis zur Musikbox, vom „Hau den Lukas“ bis zum „Einarmigen Banditen“, kaum etwas, was nicht von einem Automaten geleistet werden konnte. Sie waren von den Straßen und Plätzen der Städte des frühen 20. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken. Die Automaten waren in der damaligen Zeit Ausdruck einer technischen Revolution – Sie machten die Zukunft und Modernität sichtbar. Um die Kundschaft effektiv anzulocken, waren die Automaten nicht nur liebevoll, sondern gleichsam kunstvoll gestaltet und machten oftmals mit einem außergewöhnlich farbenfrohen Look auf sich aufmerksam. Egal, was auch immer der Automat für die eingeworfene Münze zu bieten hatte, sei es Ware, ein Blick in die Zukunft, das Körpergewicht oder einfach nur Spaß und Spiel – jedermann, ob klein, ob groß – konnte so einen kurzen Glücksmoment erleben.
Stollwerck – Vorreiter der Münzautomaten
Das älteste Deutsche Patent für einen Warenautomaten wurde im Mai 1883 vergeben. Es handelte sich um einen automatischen Verkaufsbehälter für Zigarren.
Die Anfänge der Münzautomaten Herstellung in Deutschland sind eng mit dem Namen des Kölners Schokoladenfabrikanten „Ludwig Stollwerck“ verbunden. Die Automaten der Schokoladenfabrik Stollwerk dienten als Probeverkäufer der hauseigenen Schokoladenprodukte und waren echte optische und technische Kunstwerke. Schnell folgten Vertragsabschlüsse mit anderen Firmen, von „Kölnisch Wasser“ bis Zigaretten, die ebenfalls durch die Stollwerck Automaten vertrieben wurden. Das führte im Jahre 1894 zur Gründung der Deutschen Automaten Gesellschaft Stollwerck & Co. Von nun an wurde der Vertrieb von Münzautomaten im großen Stil organisiert.
Die Einzelautomaten für den Verkauf an Dienstleistungen und Unterhaltung setzten sich immer mehr durch. Bald entstanden die ersten Automatenrestaurants. Bereits im Jahre 1895 betrieb Stollwerck in 15 Städten diese Einrichtungen.
Mit dem ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise verlor Deutschland seine Vormachtstellung in der Entwicklung und Aufstellung von Automaten. Auch die nationalsozialistische Partei war automatenfeindlich eingestellt. 1940 wurde die Herstellung von Warenautomaten für den Inlandbereich untersagt. Die Rohstoffe wurden für die Herstellung kriegswichtiger Produkte benötigt. Allein die Präservativ-Automaten blieben bis 1945 in Gebrauch, die dienten angeblich der Volksgesundheit.
Bald nach dem Krieg ging es wieder bergauf und langsam entstand ein umfangreiches Warenangebot und dafür benötigte man die Automaten. Neue technische Möglichkeiten wurden erprobt, zum Beispiel die Entwicklung von Kalt- und Heißgetränkeautomat sowie Flaschen- und Tankautomaten.
Bis in die 1970er-Jahre des vorigen Jahrhunderts waren die Automaten in der Öffentlichkeit ein gewohntes Bild. Was für Raucher die rund 300.000 aufgehängten Zigarettenautomaten waren, waren für die Kinder die münzbetriebenen Geräte für Süßigkeiten aller Art. Besonders beliebt waren die Süßigkeiten aus den Automaten von Hillers, Vivil, PEZ und Wrigley’s.
Für die Jugend waren es die Flipperautomaten und Musikboxen, die sogenannten glamourösen Oldtimer der Automaten-Kultur, die sie in Ihren Bann zogen. Mit dem weltweiten Siegeszug des digitalen Spiels in den 80er-Jahren wurden die alten mechanischen Automaten aus den Gaststätten verbannt. Sie galten plötzlich als langweilig. Es waren die Arcade-Automaten mit den Spielen Pac-Man, Donkey Kong oder Space Invaders die die mechanischen Automaten ablösten. Mittlerweile sind auch diese Automaten längst Geschichte und Kult und begehrte Sammlerstücke.
Ausstellung im Auto und Uhrenmuseum
Die Ausstellung im Auto und Uhrenmuseum zeigt historische Münzautomaten passend zur Ausstellungskonzeption aus dem Zeitraum zwischen 1950 und den 1980er-Jahren.
Natürlich heißt es auch „Hands on – bitte spielen“ den viele der ausgestellten Automaten dürfen betätigt werden. Diese Sonderausstellung ist bis zum 29. Januar 2017 vorgesehen.
Weitere Informationen: www.auto-und-uhrenwelt.de