Die Idee war genial. Ein liegendes Dreieck mit bogenförmigen Seiten rotiert in einem Behälter, dessen Form an die Zahl Acht erinnert. Die Mathematiker nennen diese Körper Trochoide. Das zündfähige Gemisch füllt den Hohlraum zwischen Dreieck und Kreis und setzt mit der Explosion das Dreieck in eine rotierende Bewegung.
Mit gerade einmal 25 Jahren schreibt Felix Wankel in sein Tagebuch: „Der große Unterschied zwischen diesen Bestreben (BBC Dampfturbine) und meinem besteht darin, dass ich nicht den Dampf oder Wasserstrahl durch einen Strahl entzündeten Gases ersetzen will, sondern ich möchte den selben Gaskraftvorgang, der sich in der hin- und hergehenden Kolbenzylindermaschine auswirkt, in der Drehung abspielen zu lassen. Ansaugen, Verdichten, Entzünden und Auspuffen soll in der seitherigen Form geschehen, da ich sie für die Entzündungskraft des Benzins usw. am entsprechendsten halte.“
Mit dem Motor DKM 54, der im Jahr seiner Kennziffer auf den Prüfstand geht, wird die prinzipielle Möglichkeit eines Drehkolbenmotors nachgewiesen. H.D. Paschke von NSU ist es, dem die Weiterentwicklung zum Kreiskolbenmotor (KKM) gelingt. Unter absoluter Geheimhaltung macht er sich daran, die technischen Unzulänglichkeiten des Erstlings auszumerzen.
Nun findet im Motorgehäuse nicht mehr eine reine Drehbewegung, sondern zwei sich überlagernde Drehbewegungen statt. An der Einschnürung der Trochoide treten nach innen gerichtete Fliehkräfte auf. Man hat Probleme, das Kühlöl aus dem Kolben zu bekommen, es pantscht Energie vernichtend im Kolben hin und her. Felix Wankel ist brüskiert. Als er von dem KKM erfährt, ist es schon zu spät, er kann ihn nicht mehr verhindern. Er schmollt: „Ihr habt aus meinem Rennpferd einen Ackergaul gemacht!“
Als ein Kernproblem stellen sich die Dichtleisten heraus. Bei Mazda in Japan, wo man bereits 1961 das Patent von Wankel erworben hat, wird ebenfalls mit dem neuen Antrieb experimentiert. Das Dichtungsproblem kennen die Japaner. Sie durchbohren im Versuch Gußdichtleisten der Länge nach und kommen endlich auf große Laufzeiten. In den ersten Serienmotoren verwenden sowohl Mazda als auch NSU Kohledichtleisten.
Vom Beginn der sechziger Jahre an, ist das Interesse am Wankelmotor immens. Zu den Lizenznehmern gehören so prominente Namen wie Daimler-Benz, Ford und Porsche, Alfa Romeo und Rolls-Royce, General Motors, MAN und Klöckner-Humboldt-Deutz, die japanischen Konzerne Mazda, Suzuki, Toyota und Nissan, der Modellhersteller Graupner. Im Laufe der Ölkrise springen immer mehr Lizenznehmer von einer Weiterentwicklung und Großserienfertigung ab. Als einziger Autohersteller bleibt nur Mazda dem Wankelmotor bis 2012 treu. Als Audi den Ro80 1977 einstellt, endet in Deutschland die Serienfertigung des Wankelmotors.
Den Käufern der Patente wird klar, dass sich der so euphorisch begrüßte Motor weltweit nicht durchsetzen wird. Trotz allseits gepriesener Vorteile wie Laufruhe und Verschleißarmut, trotz des geringen Gewichts und der niedrigen Kosten, entpuppte sich der relativ hohe Verbrauch als Makel, der sich mit der 1973 beginnenden ersten Ölkrise nicht in Einklang bringen ließ. Die Autokonzerne waren nicht bereit, Millionensummen in neue Fertigungsanlagen zu investieren, der revolutionäre Motor geriet ins Schattendasein. Der Motor erfüllt auch nicht die gesetzlichen Abgasnormen.
Felix Wankel (1902 – 1988)
Wankel war ein klassischer Tüftler, der sein Hobby zum Beruf machte. Am 13. August 1902 im badischen Lahr (Ortenaukreis) geboren, verlässt er 1921 das Gymnasium in Weinheim bei Heidelberg. Seine Berufsausbildung hat mit Motoren wenig zu tun. Er absolviert in Heidelberg eine Lehre als Verlagskaufmann. Jedoch interessieren ihn besonders die Biografien von Technik- und Wissenschaftspionieren. In den 20er Jahren eröffnet Wankel mit Freunden eine kleine Werkstatt und experimentiert mit Motoren.
Eine Ausbildung als Konstrukteur oder ein Ingenieurspatent hat Wankel zeit seines Lebens nie erworben – ebenso wenig wie einen Führerschein. Aus der Werkstatt der Tüftler tuckert 1927 die erste Fahrmaschine. Ähnlichkeiten mit dem später legendären Wankel-Motor weist zunächst das Gerät auf, das 1933 zum Patent angemeldet wird: eine Drehkolben-Maschine mit der Typenbezeichnung DKM 32. Ein Jahr später wird eine große Firma aufmerksam: 1934 bekommt er einen Forschungsauftrag für Drehschieber-Steuerungen und Rotationskolben-Motoren von BMW. In der „Versuchsabteilung Lahr“, die in Wahrheit aus einem Büro und einer Werkstatt im elterlichen Haus Wankels besteht, beginnt Wankel, seine Ideen in die Realität umzusetzen.
Wankel selbst blieb ein anerkannter Konstrukteur und tüftelte weiter. Er wurde von Ehrungen überhäuft. Auch der Bayerische Verdienstorden und der Goldenen Ehrenring des Deutschen Museums werden ihm zuerkannt. 1976 eröffnete ein Wankel-Museum in Lindau am Bodensee.
Quelle: Automedienportal.net