Friedel Münch und seine etwa 500 gebauten Motorräder

Friedel Münch Porträt
Friedel Münch Porträt © Fotoquelle und Bildrechte: Manfred Münch
Unter Motorradfahren war Friedel Münch schon zu Lebzeiten eine Legende und hat den Motorradbau weltweit beeinflusst.

Friedel Münch kommt als Sohn von Albert Theodor Münch und Else Münch, geg. Lorei am 06. Februar 1927 in Dorn-Assenheim zur Welt.
Sein Vater hat im hessischen Nieder-Florstadt eine kleine Auto- und Motorradwerkstatt. 1933 erfolgt die Einschulung. Nach seinem Schulabschluss 1941 beginnt er in Friedberg/Hessen eine Ausbildung als Kraftfahrzeugschlosser. 1943 und 1944 wird er gleich zweimal „Reichssieger“ im Berufswettkampf. Daraufhin gewinnt er eine Begabtenförderung, die er beim Christiani-Lehrgang in Konstanz absolviert. Die Prüfungen im Maschinenbau und in Elektrotechnik besteht er mit „sehr gut“. Kurz vor Kriegsende wird er noch zum Arbeitsdienst nach Koblenz einberufen. Als 18jähriger, im Mai 1945, kommt er für drei Monate in amerikanische Kriegsgefangenschaft.

Wieder in der Heimat zurück, wartet im väterlichen Betrieb viel Arbeit auf ihn. Mit seinem ersten Motorrad, einer Horex SB 35 von 1939, erregt er in seiner Umgebung viel Aufmerksamkeit. Er baut die Werkstatt weiter aus und bald repariert und wartet er die Motorräder aus seiner Nachbarschaft.

Er beginnt nun damit aus Teilen einer Horex S 5, einer NSU 601 OSL und aus selbst konstruierten- und gebauten Teilen eine Rennmaschine zu bauen, die später unter dem Namen „Münch Spezial“ für Aufsehen sorgt.

1952 – Werkstatt in Nieder-Florstadt

Getreu seinem Lebensmotto „Geht nicht, gibt’s nicht“, fertigt Friedel Münch für seine Rennmaschine in Eigenkonstruktion eine neue Hinterradschwinge und eine Duplex-Vorderradbremse. So findet seine Maschine 1948 auf dem Hockenheimring große Beachtung. Der etwas betagte Stoßstangen-Motor hält den Rennstrapazen allerdings nicht lange stand. Kurzerhand entwirft er einen neuen Zylinderkopf mit zwei obenliegenden Nockenwellen und Königswellen-Antrieb. Da der Motor nun mit dem Horex-Triebwerk nicht mehr viele Gemeinsamkeiten hat, nennt er die Maschine „Münch Spezial“. Als Rennfahrer kann Friedel Münch allerdings keine großen Erfolge feiern. Nach einem schweren Sturz 1949 bei Heidelberg beendet er seine Rennsportkarriere und unterstützt danach talentierte Nachwuchsfahrer.

1954 wird man auch bei Horex in Bad Homburg auf Friedel Münch aufmerksam. Fritz Klee überredet ihn in der Rennabteilung mitzuarbeiten. Die Zusammenarbeit endet 1955. Als die Werkstore von Horex 1958 schließen, kann Friedel Münch die Fertigungsvorrichtungen für den Imperator-Motorenbau und den Ersatzteilbestand kaufen. Die Ersatzteilversorgung ist damit auf längere Zeit gesichert.

1960 heiratet er seine Frau Lotti und beginnt nach Feierabend mit der Meisterschule. Am 15.Juli 1962 besteht er die Meisterprüfung und übernimmt die Werkstatt seines Vaters. Bis 1966 wurden die Kinder Martina, Marion, Manfred und Rainer geboren.

1964 ist die von Friedel Münch selbst konstruierte „Münch Rennbremse“ eine echte Sensation. Die Duplex-Trommelbremse hat einen Durchmesser von 250 mm. Aus Gründen der Gewichtsersparnis verwendet er für die Bremstrommel und die Ankerplatte das teure Material „Elektron“. Ein komplett eingespeichtes Vorderrad wiegt so nur ca. 8,5 kg. Bis Anfang der 70er Jahre die Scheibenbremsen auf den Markt kommen, ist die Münch Bremse das Maß aller Dinge.

Anfang der 60er Jahre geht es mit der Wirtschaft in Deutschland stetig bergauf. Der Wohlstand zieht ein und die Menschen haben einen höheren Anspruch an die Mobilität. Das Auto ist gefragt und vom Motorrad will keiner etwas wissen. Friedel Münch hingegen plant eine Kleinserie einer 500er Sportmaschine mit modifizierten Imperator-Motor und selbst gebautem Chassis. Doch ein Zufall will, das es ganz anders kommt. Im Frühjahr 1965 kommt ein Schulfreund, Karl Bohn, mit einem NSU Prinz 1000 TT zu Besuch. Als Friedel Münch den Reihen-Vierzylinder OHC Motor des NSU sieht, ist der Bau eines eigenen Motorrades beschlossene Sache.

Die Geburtsstunde der Münch Mammut

Die ganze Geschichte würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Die komplette Münch-Story ist nachzulesen in dem Buch „Die Legende Friedel Münch und seine Motorräder“ von Winni Scheibe (Art Motor Verlag).

Nachstehend findet der Leser eine kurze Zusammenfassung der außergewöhnlichen Leistungen von Friedel Münch, welche nachhaltig die ganze Motorradindustrie beeinflussen sollte:

Münch Prototyp von 1966 – 55 PS /1085 ccm

Vorstellung des ersten „Big Bikes“ der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Fahrleistungen und Dimensionen dieses Motorrades waren für diese Zeit schlichtweg sensationell und erregten weltweite Aufmerksamkeit. Da es für die Leistung des Motorrades zur damaligen Zeit keine geeigneten Fahrwerke, Bremsen, Räder etc. gab, baute Friedel Münch kurzerhand alles selber:

  • 4 Zylinder Reihenmotor mit 55 PS und 1085 ccm
  • Münch-Doppelschleifen-Rahmen aus Präzisions-Stahlrohren
  • Münch Telegabel
  • Hinterradschwinge aus Elektronguss (Magnesiumlegierung aus dem Flugzeugbau)
  • Münch Duplextrommelbremse aus Elektronguss

Der Münch Prototyp von 1966. 55 PS /1085 ccm wurde am 27. Februar 1966 der Fachpresse im hessischen Nieder-Florstadt und am 3. März 1966 der Geschäftsleitung von NSU in Neckarsulm vorgestellt.

Der erste Test erfolgte durch Ernst „Klacks“ Leverkus in der Zeitschrift „Das Motorrad“ (Ausgabe 8/66 ). Die Dimensionen des Motorrades brachten dem mächtigen Zweirad auch seinem Namen. Die „Münch Mammut“ war geboren.

1966 Münch Mammut 001

  • Weltweit erstes Motorrad mit einer Hinterradfelge aus Elektronguss
  • Einzigartige Schwinge aus Elektronguss
  • Der linke Schwingenholm dient gleichzeitig als Ölbad-Kettenkasten
  • Münch Telegabel mit Faltenbälgen und innenliegenden Federn
  • Ab dieser Maschine werden Weber-Doppelvergaser verwendet
  • Ölwanne, Lampengehäuse und Heckteil aus Elektronguss

Nach der IFMA 1966 durfte Friedel Münch sein Motorrad nicht mehr Mammut nennen. Der Name war anderweitig geschützt. Er nennt seine Maschinen jetzt „Münch 4″.

1967 steigt als Investor der amerikanische Millionär Floyd Clymer ein und der Firmensitz wird von Nieder-Florstadt nach Ossenheim verlegt. Bis Ende 1967 werden 30 Motorräder mit dem NSU 1000 TT Motor mit 1085 ccm gebaut. Jedes Motorrad wird nach Kundenwunsch und in Handarbeit gefertigt. Die für den amerikanischen Markt bestimmten Motorräder werden unter dem Namen „Clymer Münch“ verkauft.

Die neue Münch 1200 TTS

Ab Ende 1967 werden nur noch die neuen Motoren des NSU TT mit 65 PS und 1177 ccm verbaut. Es war die Geburtsstunde der Münch 4 1200 TTS. Durch eine Überarbeitung des Motors wird eine Leistung von 88 PS erreicht.

Zum Jahreswechsel 1969/1970 wird die Produktionsstätte ins hessische Altenstadt/Waldsiedlung verlegt. Der Amerikaner George Bell investierte rund 2 Millionen D-Mark in dieses neue Werk. Dort entsteht 1970 die neue 1200 TTS mit neuem Rahmen einschließlich einem selbsttragenden Heckteil.

1972 entsteht in Altenstadt das weltweit erste Serienmotorrad mit Einspritzanlage. Die Münch 1200 TTS/E hat nun eine Leistung von 100 PS.

In der Zeit zwischen 1970 und 1975 entstehen weitere Prototypen verschiedener Münch Motorräder. Die Münch Sport (Versuch) und die Münch 3. Die Münch 3 hat einen Dreizylinder Sachs-Motor mit 650 ccm. Es bleibt allerdings bei diesem Einzelstück, welches nie fertig gestellt wird.

1976 verläßt Friedel Münch das Werk in Altenstadt und gründet mit Roland Witzel die Horex-Motorrad-GmbH in Nidderau/Erbstadt. Dort werden zwischen 1977 und 1978 sieben Motorräder des Typs Münch-4 TTS 1200 mit Turbolader ausgerüstet. Die Leistung beträgt nun 125 PS.

Friedel Münch beginnt unter dem Namen Horex mit dem Bau von neuen Motorrädern. Horex 1400 TI, Titan 1600, 1800 und Titan 2000. Die Leistung der Motorräder liegt nun bei bis zu 154 PS.

1987 wird die MT-Motorentechnik-GmbH in Laubach gegründet. Dort wird auch die Titan 2000 fertiggestellt. Friedel Münch kümmert sich weiter um die Motorräder seiner Kunden. Um finanziell über die Runden zu kommen fertigt er im Auftrag Lohnarbeiten für die Autoindustrie. 1991 erleidet Friedel Münch einen Schlaganfall. Er erholt sich zwar, muss aber körperliche Einschränkungen hinnehmen. Münch Motorräder kann er ohne fremde Hilfe nun nicht mehr warten.

Im Jahr 2000 eröffnet er sein „Friedel Münch Motorenmuseum“ in Laubach. Dort stellt er als „Technik-Fan“ Groß-Motoren verschiedenster Hersteller aus.

Mit Hilfe des Industriellen Thomas Petsch aus Würzburg baut Friedel Münch in Laubach den Prototyp der Münch Mammut 2000. Das Motorrad selber wird von Thomas Petsch in Polen in einer kleinen Serie gefertigt. Aus den geplanten 250 Motorrädern werden allerdings nur 16 Stück gebaut und die Produktion dann eingestellt. Grund: Der Verkaufspreis war niedriger als die Fertigungskosten.

2004 wird Friedel Münch eine besondere Ehre zuteil. Nach ihm wird die Straße, welche zu seinem Museum führt, benannt. Dieses Privileg ist nach ihm wissentlich nur noch zwei lebenden Menschen in Deutschland vorbehalten. Darunter der „ehemalige“ Formel 1 Weltmeister Michael Schumacher. Er ist außerdem Ehrenbürger in den Gemeinden Dorn-Assenheim, Florstadt und Altenstadt.

Ein weiterer Schicksalsschlag sollte dann die Schließung seines Museums im September 2008 zur Folge haben. Seine Frau Lotti erlitt ebenfalls einen Schlaganfall. Das Museum konnte aus finanziellen Gründen nicht erhalten bleiben.
Lotti und Friedel Münch waren nun beide an einen Rollstuhl gebunden und wurden in ihrem Wohnort in Altenstadt/Rodenbach von ihrer Familie gepflegt.

Im Juli 2011 zogen beide in die „AWO – Seniorenresidenz Elisabeth Selbert“ nach Altenstadt. Dort bewohnten sie gemeinsam ein Zimmer. Im Mai 2013 wurde Friedel Münch in Altenstadt der „Hessische Verdienstorden am Bande“ von Staatsminister Jörg-Uwe Hahn überreicht (Kreisanzeiger 01. Juni 2013). Herr Hahn würdigte die Lebensleistung von Friedel Münch und seinen weltweiten Einfluss auf den Motorradbau.

Knapp 1 Jahr später, am 27. April 2014 verstarb Friedel Münch nach langer Krankheit im Beisein seiner Familie.

Vor einiger Zeit fand im Technikmuseum Speyer eine Ausstellung mit Münch Motorrädern statt.

Text: Manfred Münch