Um das Jahr 1950 war der Mangel an Fahrzeugen in der Tschechoslowakei so groß geworden, dass die Regierung gezwungen wurde, aktiv zu werden und so schrieb sie 1954 ein Wettbewerb aus. Angesprochen wurden alle Automobilwerke. Tatra bekam die Aufforderung als letzter Betrieb, ganz kurzfristig ein Angebot abzugeben. Es hat nicht viel gefehlt und die Tschechoslowaken hätten ihren eigenen Nachkriegs-Volkswagen gehabt. Aber es kam alles anders.
In der damaligen Tschechoslowakei wurde der Tatraplan durch den Skoda 1200 mit einem 1,5 L Motor ersetzt, dessen Hubraum steuertechnisch unvorteilhaft war. Der Markt verlangte nach einem erschwinglichen Kleinwagen, der in der 1 Liter-Klasse angesiedelt sein sollte. Die Skoda-Werke hatten schon die Arbeiten am Spartak angefangen…
In der Öffentlichkeit munkelte man von einer Ausführung mit Heckmotor. Ob es wegen der Vorbilder von Tatra oder Volkswagen war, kann man heute schwer belegen, aber es war jedenfalls von einem luftgekühlten Motor im Heck die Rede.
Tatra Koprivnice hat in nur zwei Wochen ein Modell erstellt. Der T 604 sollte mit einem flachen 2–Zylinder-Motor mit OHV Ventilsteuerung mit sphärischem Verbrennungsraum und gegossenen Kühlrippen ausgestattet sein. Natürlich sollten die Zylinder mit Luft gekühlt werden. Dazu diente ein axialer Ventilator gemeinsam mit der Lichtmaschine oben am Motor angebracht.
Der 1. und 2. Gang wurde direkt geschaltet, also ohne Synchronisation, der 3. u. 4. Gang waren synchronisiert. Der Motor dann zu Gunsten einer größeren Leistung durch einen mit 4-Zylindern ersetzt. Bohrung und Hub 60/65mm, max. Leistung 22 PS bei 4200 U/min. Der Hubraum betrug 735 ccm und die Reifengröße 5.00/14.
Der Benzintank wurde über dem Motor montiert. Die Vorderachse bestand aus einer Blattfeder, quer und niedrig angebracht. Die Hinterachse wurde über Spiralfedern abgefedert. Die Spur betrug 1200 mm, der Achsenabstand war 2150 mm. Der T 604 war 1450 mm breit und 1290 mm hoch. Die Länge über alles betrug ca. 3665 mm (definitive Version gab es nicht). Die Lenkung mit Kamm-Übersetzung wurde durch Versetzung der Kugelbolzen in der Mitte recht präzise konstruiert.
Es wurde bei Tatra an zwei Prototypen gearbeitet. Der Wagen fasste 4 Passagiere und drei Koffer. Die Karosserie bekam sogar eine kleine Heckflosse, wie einige der Vorläufer bei Tatra, üblich. Einen der Prototypen kaufte ein Werkmitarbeiter, Entwickler Herr Bucek, dem Werk ab. Sein Sohn Lubo renovierte das Auto, aber schließlich landete es bei einer Schrotthandlung.
Obwohl sich der Tatra in der Öffentlichkeit Sympathien errang, wurde der Wettbewerb gegen ihn entschieden und den Zuspruch bekam Skoda. Darauf hin kursierten Informationen, dass Tatra seine Pläne an Polen für Syrenka und Sowjetunion für den Zaporoschetz weiter geben musste. Solche Behauptungen konnten nie nachgewiesen werden.
Diese Informationen basieren auf den Materialen des Ing. Ljubomir Szpuk, Konstrukteur bei Tatra und Karel Rosenkranz, Historiker, ehemaliger Direktor des Tatra-Museums in den Sechzigern. Alle Informationen lagen in Tschechisch vor. Bilder Jar. Sopuch, Modelle des T 604 sind im Tatra-Museum in Koprivnice ausgestellt.
Deutsche Fassung: Dr. Georg W. Pollak, sc.