Zum 50. Mal jährt sich in diesen Tagen einer der spektakulärsten Erfolge in der Geschichte des internationalen Motorsports. Am 21. Januar 1964 gewann der Mini Cooper S erstmals die Rallye Monte Carlo. Dem irischen Fahrer Patrick „Paddy“ Hopkirk und seinem Co-Piloten Henry Liddon war das Kunststück gelungen, sich mit dem britischen Kleinwagen gegen eine vermeintliche Übermacht deutlich leistungsstärkerer Konkurrenten durchzusetzen. Ihre fehlerfreie Hatz über Land- und Passstraßen, Eis und Schnee, enge Kurvenstrecken und steile Hänge legte zugleich den Grundstein dafür, dass aus dem Underdog und Favoritenschreck nicht nur ein Publikumsliebling, sondern auch eine Motorsport-Legende wurde. Denn der klassische Mini dominierte auch in den Folgejahren die Rallye Monte Carlo. Hopkirks finnische Teamkollegen Timo Mäkinen und Rauno Aaltonen fügten der Titelsammlung in den Jahren 1965 und 1967 zwei weitere „Monte“-Gesamtsiege hinzu.
Paddy Hopkirk, inzwischen 80 Jahre alt, begeistert sich noch immer für das Fahrverhalten seines Siegerautos: „Der Mini war ein sehr fortschrittliches Auto, obwohl er nur ein kleiner Familienwagen war. Sein Frontantrieb und der vorn quer eingebaute Motor waren sehr vorteilhaft, genauso wie die Tatsache, dass das Auto klein war und die Straßen kurvig. Sie waren außerdem ziemlich schmal, was meiner Meinung nach auch ein Vorteil für uns war. Wir hatten viel Glück, dass die Autos in Ordnung waren, dass alles zur richtigen Zeit passierte und zum richtigen Zeitpunkt zusammen kam.“
Es war die legendäre „Nacht der langen Messer“, die vorletzte Etappe der Rallye, die den Mini Cooper S mit der Startnummer 37 und dem seither berühmten Kennzeichen 33 EJB im Winter 1964 auf die Siegerstraße brachte. Hopkirk erreichte das Ziel mit nur 17 Sekunden Rückstand auf seinen ärgsten Widersacher Bo Ljungfeldt im weitaus stärkeren Ford Falcon mit V8-Motor. Aufgrund der damals gültigen Handicap-Formel zum Ausgleich der Gewichts- und Leistungsunterschiede lag der Mini Pilot damit in der Gesamtwertung in Front. Und er verteidigte den Vorsprung auch beim abschließenden Rundstrecken-Rennen durch die Straßen Monte Carlos. Bei der Siegerehrung teilte er den Beifall des Publikums mit seinen Teamkollegen. Timo Mäkinen auf Platz vier und Rauno Aaltonen auf Rang sieben der Gesamtwertung hatten den Erfolg des Mini Cooper S perfekt gemacht und damit die Ära der „drei Musketiere“ bei der Rallye Monte Carlo eingeläutet.
Vor allem im Heimatland des Mini wurde der Sieg enthusiastisch bejubelt. Der Ire Hopkirk erhielt ein Glückwunsch-Telegramm von der britischen Regierung, auch die Beatles gehörten zu den ersten Gratulanten. „Da kam eine Autogrammkarte der Beatles“, erinnert sich Hopkirk, „auf der geschrieben stand: ‚Jetzt bist Du einer von uns, Paddy.’ Es ist heute sehr schön, so etwas zu haben.“
Weltweit wurde der Triumph des Mini bei der „Monte“ von Motorsport-Fans als Sensation gefeiert. Doch ganz aus heiterem Himmel kam er nicht. Das sportliche Talent war dem von Alec Issigonis, dem stellvertretenden Technischen Leiter der British Motor Corporation, entwickelten Kleinwagen bereits in die Wiege gelegt worden. Entdeckt hatte es als erster der Sportwagen-Konstrukteur John Cooper. Er gab den Anstoß zum Bau einer leistungsgesteigerten Version des anfangs nur 34 PS starken, aber dank seines Frontantriebs, seines geringen Gewichts, seiner breiten Spur und des vergleichsweise langen Radstands äußerst agilen Viersitzers und ebnete dem Mini damit auch den Weg auf die Rennstrecken und Rallyepisten.
Auf dem Formel-1-Kurs von Silverstone testeten schon 1960 prominente Fahrer wie Graham Hill, Jack Brabham und Jim Clark die Kurvenkünste des von John Cooper getunten Kleinwagens. Seine wahre Domäne fand der Mini jedoch im Rallyesport. Patt Moss, die Schwester des Formel-1-Piloten Stirling Moss, steuerte ihn 1962 zu Siegen bei der Tulpen Rallye und der Rallye Baden-Baden. Im Jahr darauf machte der kleine Brite bei der Rallye Monte Carlo erstmals auf sich aufmerksam. In den Jahren zuvor hatte das Werksteam dort noch Lehrgeld zahlen müssen, doch diesmal gelang ein erster Paukenschlag: Mit dem 55 PS starken Mini Cooper fuhren Rauno Aaltonen und Paddy Hopkirk einen Doppelsieg in ihrer Klasse ein, in der Gesamtwertung belegten sie die Ränge drei und sechs.
Damit stand fest, dass der klassische Mini besser als jedes andere Auto für den Kampf „David gegen Goliath“ geeignet war. John Cooper hatte es längst geahnt. Schon 1959 hatte er seinen Fahrer Roy Salvadori in einem Prototyp auf die Reise zum italienischen Grand Prix nach Monza geschickt. Schon die Anfahrt geriet zu einem Wettrennen zwischen Salvadori und seinem Rennfahrer-Kollegen Reg Parnell, der einen Aston Martin DB4 steuerte. Das Ergebnis bestätigte Coopers Erwartungen. Der von ihm präparierte Mini traf rund eine Stunde früher ein als der deutlich stärkere Aston Martin.
Auch bei der Rallye Monte Carlo des Jahres 1964 sprachen die reinen Daten zunächst gegen die sechs vom BMC Werksteam entsandten Kleinwagen, die schon von Weitem an ihrer tartanroten Lackierung und ihren weißen Dächern erkennbar waren. Im bekannten Look ging erstmals der Mini Cooper S an den Start. Sein neuer Vierzylinder-Motor wies nun einen auf 1071 Kubikzentimeter erweiterten Hubraum und eine auf rund 90 PS gesteigerte Leistung auf – deutlich mehr als in den Jahren zuvor und doch bescheiden im Vergleich zu Konkurrenten wie dem Mercedes-Benz 300 SE und dem Ford Falcon, deren Sechszylinder- und V8-Motoren das Drei- bis Vierfache an Leistung mobilisieren konnten.
Der Auftakt zur 33. Auflage der Rallye Monte Carlo wurde im damals üblichen, an die Ursprünge der Veranstaltung erinnernden Stil einer Sternfahrt ausgetragen, die in neun europäischen Städten begann und das gesamte Starterfeld im französischen Reims aufeinandertreffen ließ. Das Duo Hopkirk/Liddon brachte seinen Mini Cooper S in Minsk an den Start, für Rauno Aaltonen und Tony Ambrose begann das Abenteuer „Monte“ in Oslo, Timo Mäkinen und Patrick Vanson gingen von Paris aus auf die Reise. Dem klassischen Mini war keiner dieser Wege zu weit, in Reims reihten sich alle sechs Werkswagen in das 277 Autos umfassende Starterfeld ein. Schon auf der ersten Etappe nach Saint-Claude zeichnete sich jener Zweikampf ab, der die gesamte Rallye prägen sollte. Bo Ljungfeldt im Ford Falcon übernahm die Spitze, Paddy Hopkirk im Mini Cooper Sblieb ihm dicht auf den Fersen.
Quelle: BMW Group © Fotoquelle und Bildrechte: BMW Group