Junge Menschen der XXL-Generation haben es immer schwerer einen passendes historisches Fahrzeug zu finden. Statistisch waren vor 120 Jahren Jugendliche noch 15 Zentimeter kleiner als heute.
Innerhalb der letzten 20 Jahre sind männliche Jugendliche im Mittel um zwei Zentimeter größer geworden. Bei Mädchen beträgt die Größenzunahme sogar 2,5 Zentimeter. Die als „Gardemaß“ in Preußen zur Kaiserzeit geforderte Mindestgröße von 1,80 Metern galt zu Beginn des 18. Jahrhunderts als extreme Rarität. Mit 20 Jahren messen heute 50 Prozent der Männer 180 Zentimeter und mehr. Etwas mehr als jeder dritte 20-Jährige misst heute 185 Zentimeter und mehr. Jedes zweite Mädchen erreicht mindestens 168 Zentimeter, jedes sechste misst sogar 175 Zentimeter und mehr. Trübe Aussichten, den passenden Oldtimer bei Interesse am Hobby zu finden!
In sehr viele historische Fahrzeuge passt die XXL-Generation nicht hinein. Sei es nun bedingt durch die Länge des Oberkörpers oder der Beine oder gar der Umfang des Körpers. Fahrzeuge aus der Vorkriegszeit zeigen hier gravierende Restriktionen. Die Sitze sind meist kaum nach hinten zu verschieben, das Lenkrad steht dicht vor der Brust und der Einstieg ist meist beengt. Selbst in einem Youngtimer Mercedes-Benz R107 sitzt die erwähnten Gruppe Menschen unbequem, da der Sitz nicht weit genug nach hinten verstellbar ist und an den Türholm anstößt.
Auch Sportwagen aus Großbritannien wie Austin-Healey, Jaguar E-Type, Honda S800, MGA, MGB und Triumph Spitfire sind nichts für Fahrer und Fahrerinnen der XXL-Generation. Hinzu kommen teilweise extrem niedrige Windschutzscheibenrahmen, so dass Menschen mit langem Oberkörper über die Frontscheibe schauen und nicht durch die Windschutzscheibe. Beim MGB/C ist das Problem die sehr niedrige Frontscheibe für Menschen mit langem Oberkörper. Auch ein Youngtimer wie der MG R V8 besitzt eine extrem niedrige Frontscheibe wie sein Vorgänger. Da hilft nur, wenn möglich den Sitz flacher zu polstern als das Serienmodell. Ein BMW E30 und Triumph TR6 sind auch für die XXL-Generation von den Platzverhältnissen passend. Konstruktionsbedingt ist die Frontscheibe bei beiden Modellen recht hoch und die Sitze niedrig.
Daneben gibt’s natürlich etliche Autos, in denen man vorn wirklich wenig Bein- und Kopffreiheit hat, bei Fahrzeugen, die in Italien gebaut wurden. Die Innenräume vieler kleiner Vorkriegsautos sind auch sehr beengt, zum Beispiel Austin Seven. Für Fahrer mit langen Beine sind auch offene Tourer vor 1930 problematisch, da die vorderen Sitzbänke nicht verstellbar und konstruktiver Bestandteil der Karosserie und deren Steifigkeit sind.
Mittelklasse-Limousinen der 1930er dagegen sollten eigentlich Platz genug bieten. Der Adler Favorit in dem Fotobericht ist 1,80 m hoch und der Besitzer misst mindestens 1,90m.
Auch US-Vorkriegswagen der 6-Zylinderklasse bieten innen reichlich Platz. Das mussten sie auch, weil die betuchteren Käufer auch meist größer waren und die Amis schon vor dem Krieg die Mitteleuropäer deutlich überragten (das zeigen die jährlichen Wehrpflichtigen-Statistiken). Große Leute gab’s schon immer, speziell in der Oberschicht, wo die Ernährung in der Kindheit gut war. Von daher sollten sich auch Beispiele für frühe Autos finden lassen, die großgewachsenen Menschen Platz bieten.
Zum MGA gibt es auch andere Meinungen. Ein großgewachsener Bekannter nutzt die Citroen DS auf Langstrecken. In der Mercedes-Klasse bieten bereits die Modelle W108, W111 und W124 reichlich Platz. Der BMW 02 und seine Varianten hat recht niedrige Fahrer- und Beifahrersitze und eine hohe Windschutzscheibe.
Das größere Problem der aktuellen Generation scheint auch das grassierende Übergewicht zu sein, das mit Wachstum in die Breite einhergeht. Darauf sind Sitze und Lenkradgröße bei älteren Autos praktisch generell nicht ausgelegt.
Es ist also jedem Interessenten eines historischen Fahrzeugs zu raten, um beim Oldtimer-Kauf » Fehler zu vermeiden, eine Sitz- und Fahrprobe vor dem Kauf durchzuführen.
Übrigens die aktuelle Automode nimmt auch keinerlei Rücksicht auf die XXL-Generation, denn die Türen sind so niedrig, dass eigentlich nur „Schlangenmenschen“ oder „Kleinwüchsige“ bequem ein- und aussteigen können. Durch die extrem schrägen Frontscheiben und runden Dächer ist die Sicht nach vorne auch für die XXL-Generation stark eingeschränkt.
Auf jeden Fall ein interessantes Thema, das vielleicht eine Vertiefung verdient, nach dem Motto: Welcher Oldie passt zu meiner Figur? Gerne möchte die Redaktion auch Ihre Meinung zu dem Thema und speziellem Fahrzeug kennen lernen.