Leserfrage: Wie kann ich als Kunde recht schnell einen seriös Oldtimer-Handel von »oberflächlichem Dilettantismus« unterscheiden?
Antwort: Zur Frage, was unter „Schönrederei“ zu verstehen ist, lassen Sie mich an einem Beispiel aus der Praxis schildern.
Die Karosserie der von 1968 bis 1975 gebauten BMW Coupés „2800 – 3,0 CS/CSi/CSL“ der Baureihe „E9“ wurde – wie schon der Vorgänger „Schlitzauge“ – bei Karmann produziert. Um Korrosionsvorsorge machte man sich damals noch nicht viele Gedanken, zumal der Hersteller eine Nutzungsdauer von höchstens 10 Jahren unterstellte.
So sorgte man sich unter anderem nicht um jene drei Lagen Blech, die sich im unteren Bereich der A-Säulen des „E9“ verbergen. Doch in diesen Hohlräumen pflegte meist schon Ende der 70er Jahre das Grauen zu erblühen. Es setzte sich fort in die vorderen Kotflügeln, wo es sich meist in Form einer Blase am Fuße der A-Holme ankündigte.
Wenn ein BMW E9 dieses Phänomen zeigt, so bedeutet dies für den Fachmann „Totalrestauration“. Selbige kostet selbst bei hohem Anteil an Eigenleistung mindestens 20 T€. Gibt man die Arbeit komplett in die Hände eines Fachbetriebes kostet sie eher um die 40 T€. Hierfür bekam man am Markt vor Kurzem noch einen komplett restaurierten E9. Wobei dann immer noch zu fragen ist, wie gut dieser restauriert war.
Nun lassen sich solch Stellen natürlich rein äußerlich behandeln, zumal man bei der Gelegenheit noch weitere neuralgische Punkte kaschieren kann und anschließend das ganze Auto neu lackiert wird.
Solch einen E9-Fall erlebte ich bei einem Händler. Zu meinem Glück war die besagte Stelle am Fuße der einen A-Säule schon wieder »hochgekommen«. Auch quollen die unteren Ecken der Türen bereits wieder nach. Doch der Händler bemerkte frohgemut, es sei ansonsten doch ein „sehr schönes Auto“ und die „kleinen Lackmängel“ könne man ja „in 2-3 Jahren für vielleicht 3-4 T€ beheben lassen, bevor sie schlimmer werden.“ Außerdem täten „beim E9 die Preise ja steigen“, sodass man mit diesem Auto gewiss „keinen Fehler“ macht.
Das meine ich mit „Schönrederei“.