Im Jahr 1953 löste der Nuova Millecento die 1937 vorgestellte und ab 1949 weiter gebaute Vorkriegs-Version des FIAT 1100 ab. Erstmals wurde eine selbsttragende Karosserie in Pontonform für das Modell entworfen. Die Motorenkonstruktion wurde vom Vorkriegsmodell übernommen, aber in vielen Details verbessert und bis zum Ende der Produktion im Jahr 1969 dem Grundsatz nach beibehalten. Der Lizenznachbau in Indien, der Premier Padmini, wurde gar bis 1997 gebaut.
Der Fiat 1100 war als Mittelklassewagen mit vier Türen und konventionellem Heckantrieb konstruiert worden. Damit traf FIAT den Geschmack und Bedarf der wachsenden Mittelschicht in Italien, aber auch in anderen Ländern. So wurde der 1100er in Deutschland als NSU-FIAT, später Neckar gebaut. Die Karosserien wurden beim Karosseriebau Weinsberg gefertigt. Ebenso gab es das Modell als Steyr-FIAT in Österreich, als Zastava in Jugoslwaien und als besagtem Premier Padmini in Indien. Exportiert wurde der Wagen weltweit, es sind sogar Fahrzeuge in die USA geliefert worden.
Neben der Limousine wurde die Nachkriegsversion des Fiat 1100 beinahe von Anfang an auch als Kombi mit der schönen Bezeichnung Familiare angeboten. Bemerkenswert ist, dass schon zur damaligen Zeit der FIAT 1100 auch in der Ausführung als Limousine eine umklappbare hintere Rückenlehne hatte.
Der FIAT 1100 war anfänglich mit einem Vierzylinder-Reihenmotor mit 1089 cm³ und 36 PS sowie einem Viergang-Getriebe mit Lenkradschaltung ausgestattet. Die Höchstgeschwindigkeit war mit 115 km/h angegeben. Das Fahrzeug hat wiederholt bei der Mille Miglia teilgenommen und stellte die Grundlage für viele Sportversionen und Kleinserien mit Sonderkarosserien dar. So gab es leistungsgesteigerte Wagen für den Renneinsatz von Abarth, OSCA, SIATA, Stanguellini und Zagato sowie Spezialkarosserien von renommierten Häusern wie Bertone, Ghia, Moretti, Pininfarina, Vignale, Fissore und Michelotti. Für eher alltägliche Anforderungen gab es Umbauten als Pritschenwagen und Kühltransporter.
Ab 1956 stieg die Motorleistung bei Limousine und Kombi auf 40 PS und die Höchstgeschwindigkeit auf 120 km/h. 1957 wurde die Motorleistung auf 43 PS erhöht und 1959 auf 48 PS. Damit näherte man sich schon der Marke von 130 km/h.
Im Jahr 1960 wurde das Modell FIAT 1100 Luxus durch den FIAT1100 Export mit vereinfachter Ausstattung ersetzt und ebenfalls der Kombi in dieser einfacheren Version. Gleichzeitig wurde der Anschlag der Vordertüren nach vorne geändert.
Im Jahr 1962 wurde die Karosserie modernisiert und der Motor leistete jetzt aus 1221cm³ 50 PS. Die Front wurde dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend schlichter ohne den üppigen Chromschmuck gestaltet. Das Heck wurde ebenfalls weniger barock geformt, sodass der 1100 nun schärfere und elegantere Linien trug – ähnlich denen des deutlich größeren Peugeot 404.
1966 gab es die letzten Änderungen am FIAT 1100 wieder mit einem anderen Kühlergrill und einem Heck mit runden Leuchten an der Limousine. Insgesamt kam das Fahrzeug nun deutlich kantiger daher, angelehnt an die Formen des neuen FIAT 124. Ebenso war das Fahrwerk geändert worden, Scheibenbremsen waren vorne Serie, es gab kleinere Räder und neben dem umgestalteten Armaturenbrett gab es jetzt eine zeitgemäße Stockschaltung. Der 1089-cm³ Motor kam wieder zum Einbau, jedoch mit 48 PS. Das Eigengewicht der Karosserie war deutlich verringert worden und der 1100er erreichte so eine Höchstgeschwindigkeit von 132 km/h.
Im Jahre 1970 wurde der Fiat 1100 durch den 1969 erschienenen modernen Fiat 128 mit Frontantrieb und quer eingebautem Motor ersetzt.
FIAT 1100 in unverbasteltem Zustand sind äußerst rar, sogar in Italien. Dabei sind immerhin 1,8 Millionen davon gefertigt worden. Doch wer hat ein eher sachlich daher kommendes Alltagsauto aufbewahrt und bis heute am Leben außerhalb eines Museums erhalten? Die Publikumslieblinge aus dem Hause FIAT sind seit jeher der niedliche 500er und FIAT 850 Sport Coupé und Spider.
Der 1100er war in jeder Hinsicht das überlegene Auto und bereitet auch heute noch viel Freude, auch wenn ihm der sportliche Charakter späterer Modelle abgeht – hier macht sich die etwas schwerfällige Vorkriegskonstruktion des Motors und das hohe Gewicht bemerkbar. Dafür beeindrucken das für ein Fahrzeug dieser Größenklasse gute Platzangebot, das geräumige Gepäckabteil, der helle Innenraum und die vorbildliche Übersichtlichkeit.
Wer heute einen 1100er besitzt, kann sich der Aufmerksamkeit der Umwelt sicher sein. Nur einige ältere Herrschaften kennen den Wagen noch aus der Zeit, als er hierzulande als FIAT NSU und später Neckar gebaut und durchaus erfolgreich verkauft wurde. Die Ersatzteillage ist dank der langen Bauzeit akzeptabel und mit etwas Geduld bekommt man in Italien noch originale Neuteile. Hin und wieder werden Schlachtexemplare angeboten, deren Karosserie zu schlecht ist, um mit vernünftigem Aufwand gerettet zu werden. Solche Wagen bieten sich dann als Teilespender für die Technik und die schwer erhältlichen Elemente der Innenausstattung an.
Unter wirtschaftlichen Aspekten lohnt eine Restaurierung nicht, wenn man nicht gerade eines der äußerst raren, original erhaltenen Exemplare findet. Doch es kann sich in ideeller Hinsicht lohnen, denn der FIAT 1100 hat Hunderttausenden in der Nachkriegszeit eine erschwingliche Motorisierung ermöglicht, ohne eine Notlösung oder ein konstruktives Kuriosum zu sein wie viele andere Fahrzeuge der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg. Und da er ein ausgesprochen hübsches und zugleich rares Auto ist, verdient er es, erhalten zu werden.
Auch gab es auf Basis des Fahrwerks des FIAT 1100 diverse Sonderkarosserien von Giovanni Michelotti (La bella 1100 TV), Bertone, Cisitalia, Moretti, Fissore, Ghia, OSI, Pininfarina, Siata, Scioneri, Touring und Zagato. Ein erfolgreiches Exemplar war der FIAT 1200 TV.
Einen sehenswertes Video über den FIAT 1100 (Millecento) gibt es von Jay Leno bei YouTube.