Der Gurt ist das wichtigste Rückhaltesystem im Automobil. Erst seit 40 Jahren ist er zwingend an Bord eines Autos vorgeschrieben. Seit dem 1. Januar 1974 müssen alle Neufahrzeuge mit Gurtsystemen ausgestattet sein. Die Plicht zum Anlegen erfolgte erst am 1. Januar 1976.
Schon für die Pioniere des Automobils war klar, dass das Fixieren der Insassen auf ihren Plätzen eine gute Schutzwirkung ausüben könnte. Dies konnte beispielsweise eine Sicherung mit einem Gurt verhindern. Bereits 1903 erfand Louis Renault einen Gurt mit fünf Befestigungspunkten, der sich jedoch mangels einfacher Handhabung und Tragekomfort nicht durchsetzen konnte. Ein Rückhaltesystem, so wurde schnell klar, darf während der Fahrt weder stören noch behindern.
In der Luftfahrt setzte sich der Gurt schneller durch. Im Zweiten Weltkrieg verfügten alle Kampfflugzeuge über Gurtsysteme, die den Piloten fest in seinem Sitz fixierten. Die Erfahrungen aus der Luftfahrt führten nach dem Krieg zur Idee des Beckengurts, der 1948 im amerikanischen Tucker Torpedo erstmals in einem Auto installiert war. Der schwedische Luftfahrtingenieur Nils Ivar Bohlin erfand schließlich in den Fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts auf Basis des Renault-Patents von 1903 den so genannten „Drei-Punkt-Sicherheitsgurt“, der an zwei Punkten an der B-Säule und einem im Kardantunnel befestigt war. 1959 brachte Volvo mit dem PV 544 und dem „Amazon“ die ersten Autos weltweit mit diesem System auf den Markt.
Lange wurde der Gurt noch als überflüssig kritisiert, besonders laut nach der Verkündung der Anschnallpflicht für alle vor 40 Jahren. In der Rückschau gilt dieses Datum als Ausgangspunkt für zahlreiche Sicherheitsinnovationen in der Automobilwelt.
Dass der Gurt überhaupt seinen Weg ins Auto fand, hatte er der seit 1953 eingeführten Unfallstatistik zu verdanken. Diese zeigte nur zu deutlich, wie gefährlich das Autofahren auf deutschen Straßen seinerzeit war. Denn ebenso rasant wie das Verkehrsaufkommen stieg die Zahl der Unfalltoten, was sowohl die Regierung als auch die Automobilbranche zum Handeln bewegte. Das größte Problem: Die Autofahrer mussten erstmal dazu gebracht werden, die vorhandenen Gurte auch tatsächlich anzulegen.
Trotz intensiver Sicherheitsaufklärung des Verkehrsministeriums, Pro-Gurt-Aktionen deutscher Automobilclubs und drastischer Unfallbeispiele in der ARD-Verkehrssendung „Der 7. Sinn“ änderte sich kaum etwas an der Gurtallergie der Deutschen. Obwohl ab 1974 alle Neuwagen und per Nachrüstung auch ältere Modelle den Gurt hatten, schnallten sich im Folgejahr nur 39 Prozent der Fahrer und Beifahrer an. Logische Konsequenz: Ein weiteres Jahr später schrieb Paragraph 21 der Straßenverkehrs-Ordnung das Anschnallen gesetzlich vor.
Die bloße Pflicht änderte aber nicht viel. Da Gurtmuffel über acht Jahre mit einer Belehrung davonkamen, ignorierten viele Autofahrer das neue Gesetz. Erst das im August 1984 eingeführte Bußgeld in Höhe von 40 DM veränderte die Anschnallmoral dann schlagartig – die Anlegequote stieg in kürzester Zeit von 60 auf 90 Prozent. Bis heute hat sich die Quote sogar auf einem noch höheren Niveau eingependelt: Auf Vordersitzen schnallen sich über 97 Prozent der Fahrzeuginsassen an, auf den Rücksitzen immerhin 94 Prozent (Quelle: Dekra-Unfallforschung). Dazu beigetragen hat auch der Gurtwarner, der die Insassen mit optischen und akustischen Signalen zum Anschnallen auffordert.
Der Gurt selbst wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker mit anderen Sicherheitssystemen kombiniert. Zunächst kam der Gurtstraffer. Dieser zieht den Lebensretter bei einem Unfall innerhalb von 10 bis 15 Millisekunden um bis zu 15 Zentimeter an und zieht den Insassen so fest in den Sitz, dass der Sitz und der Mensch die sanftere Verzögerung durchs Verformen der Knautschzone ausnutzen. Darüber hinaus reduziert der Gurtkraftbegrenzer den Druck des Nylongewebes auf den Brustbereich auf einen ertragbaren Wert.