Der im Jahr 1966 neue Volvo 140 hatte gänzlich unaufgeregte klare Linien und stand für innovative Sicherheitssysteme, die weltweit Maßstäbe setzten. Vor allem aber versprach sich die damalige schwedische Marke mit den Limousinen Volvo 142 (zwei Türen) und Volvo 144 (vier Türen) und dem familienfreundlichen Kombi Volvo 145 Wachstum in der oberen Mittelklasse.
Volvo verkaufte in acht Jahren über 1,25 Millionen Fahrzeuge der Serie 140, der damit als erstes Modell aus Göteborg zum Millionenseller avancierte und Volvo zu einem Volumenhersteller werden ließ. In Deutschland konnte der unter dem prägnanten Slogan „Sicherheit aus Schwedenstahl“ beworbene Fahrzeug die Volvo-Verkaufszahlen sogar versechsfachen.
Die Modellreihe wurde in vier skandinavischen Städten gleichzeitig enthüllt – vor 50 Jahren noch ein sensationelles Ereignis. Entsprechend gespannt warteten die Journalisten in Oslo, Kopenhagen und Helsinki auf das Volvo-Spitzenmodell, von dem schon seit Jahren Gerüchte und Bilder einer getarnten Limousine mit dem Namen Mazuo durch die Medien geisterten.
Als das Volvo Management mit Gunnar Engellau im Juni 1960 das Lastenheft für das neue Projekt P660, den späteren Volvo Serie 140, beschloss, war der schwedische Hersteller dank der Modelle Volvo PV444/PV544 und Volvo P120 Amazon bereits eine etablierte Marke. Die Fahrzeuge wurden in dem erst zwei Jahre zuvor eröffneten schwedischen Stammwerk Torslanda gebaut und wenig später zusätzlich im neuen Werk Gent in Belgien und auch in Nordamerika.
Das Lastenheft für den Volvo 140 sah außerdem vor, dass der designierte Nachfolger des Volvo P120 Amazon wie sein Vorgänger weltweit Maßstäbe in Qualität und Sicherheitstechnik setzen sollte. Tatsächlich verfügte der Volvo 140 sogar über denselben Radstand wie der Volvo P120 Amazon und auch der Volvo PV544, bot aber dennoch deutlich mehr Raum und Komfort für vier bis fünf Passagiere.
Wie schon der Volvo P120 Amazon wurde auch der neue Volvo 140 unter dem legendären Volvo Chefdesigner Jan Wilsgaard entworfen. Trotz einer vollkommen neuen Designsprache erinnert der Volvo 140 in verschiedenen Details wie dem anfänglich zweigeteilten Kühlergrill, den vertikalen Rückleuchten und einer kräftigen Schulterlinie unterhalb der Fenster an den Volvo P120 Amazon. Vor allem aber gelang es Jan Wilsgaard mit dem modern gezeichneten Volvo 144 ein neues, unverwechselbares Markendesign zu kreieren, das entsprechend der Ideale der 1960er Jahre der Funktion Vorrang einräumte. Dazu zählten das großzügig dimensionierte Interieur ebenso wie großflächige Fenster. Die kantig-klassischen Konturen des Volvo 140 zusammen mit dem charakteristischen dritten Seitenfenster machten die Marke fortan für Automobilfans wie für alle Laien sofort erkennbar.
Nicht nur die Designsprache für den Volvo 140 war neu, auch die Typenbezeichnungen wurden geändert. Die dreistelligen Typencodes indizierten fortan mit der ersten Ziffer die Modellreihe, mit der zweiten die Zylinderanzahl und mit der dritten die Zahl der Türen.
Auf den Serienstart des viertürigen Volvo 144 folgten im Frühjahr 1967 die zweitürige Limousine Volvo 142 und zum Modelljahr 1968 der fünftürige Kombi Volvo 145 mit damals rekordverdächtig großem, bis zu rund 1,90 Meter langem Laderaum. Abgerundet wurde das Modellprogramm Ende 1969 durch den fünftürigen Volvo 145 Express, der mit erhöhter Dachlinie ab der B-Säule fast einen Meter Laderaumhöhe bot und vor allem als Schnelltransporter beliebt war. Angetrieben wurden alle Volvo 140 von Vierzylindern. Anfangs war es der berühmte 1,8-Liter-B18-Benziner aus dem Volvo P120 Amazon mit 75 PS oder 100 PS in Doppelvergaser-Spezifikation.
Zum Modelljahr 1969 folgte der 2,0-Liter B20-Benziner mit 82 PS bereits in der Basisversion. Beide Aggregate zählten zu den langlebigsten Benzinern ihrer Ära und trugen so dazu bei, dass die auch sonst auf maximale Lebenserwartung ausgelegten Volvo 140 vereinzelt in Schweden bis heute im Alltagseinsatz sind. Zum Spitzenmodell mit sofortigem Sammlerstatus brachte es der 1971 vorgestellte Volvo 142 GT, dessen Einspritzmotor damals sportive 124 PS leistete.
Aber auch die Luxusklasse wollte Volvo wieder erobern und das mit einem damals prestigeträchtigen Sechszylinder. So ging 1968 der Volvo 164 an den Verkaufsstart mit 3,0-Liter-B30-Reihen-Sechszylinder unter einer mächtigen Motorhaube und großem Grill. Ansonsten war der luxuriös ausgestattete Volvo 164 aus dem Volvo 144 hervorgegangen, allerdings mit um zehn Zentimeter auf 2,70 Meter vergrößertem Radstand. Vor allem auf dem Heimatmarkt und in Nordamerika erzielten die repräsentativen Limousinen beachtliche Erfolge.
Mit einer Vielzahl neuer Sicherheitssysteme für den Volvo 140 bestätigte Volvo seine Führungsrolle bei der passiven und aktiven Fahrzeugsicherheit. So war die Karosserie des Volvo 140 außergewöhnlich verwindungssteif und die neue Sicherheitsfahrgastzelle umfasste erstmals berechnete Knautschzonen vorne und hinten sowie einen schützenden Überschlagkäfig. Dazu verfügte die Lenksäule des Volvo 140 über eine neuartige Sollbruchstelle, das Armaturenbrett war mit Kunststoff gepolstert, die Türschlösser unfallsicher und die Ausstattung mit serienmäßigen Drei-Punkt-Sicherheitsgurten wurde ebenfalls erweitert. Gab es doch im Volvo 140 nun auch Gurte für die Rücksitze. Schutzeinrichtungen, die später ergänzt wurden durch Sicherheits-Kopfstützen vorn und hinten sowie eine auffällige Warnlampe, die bei Fahrten mit nicht angelegten Gurten aktiviert wurde. Nicht zu vergessen weitere wichtige Sicherheitsfeatures, die bei den kommenden Modellpflegen eingeführt wurden. Darunter der massive Seitenaufprallschutz, kräftigere Stoßstangen, die Kollisionen bis fünf km/h ohne bleibende Spuren überstanden und ein noch besser geschützter Benzintank.
Verblüfft war die Fachwelt auch über die Bremsanlage des Volvo 140. Als erstes Fahrzeug der Schweden verfügte der Volvo über ein Zweikreis-Bremssystem mit Scheibenbremsen vorn und hinten, bei dem beide Bremskreise jeweils auf die zwei Vorderräder und ein Hinterrad wirkten. So blieb selbst beim unwahrscheinlichen Ausfall eines kompletten Bremskreises fast die gesamte Verzögerungskraft erhalten. Damit war die Anlage nicht nur diagonalen Bremssystemen anderer Hersteller überlegen, sie umfasste auch zwei Reduzierventile, die das Blockieren der Hinterräder bei einer Vollbremsung verhinderten. Eine weitere Sicherheitsmaßnahme, die Volvo als erster Hersteller einführte.
Als im Sommer 1974 der letzte Volvo 140 vom Band lief, konstatierte die Produktionsstatistik insgesamt 1.251.371 Einheiten dieser Baureihe. Damit war der Volvo 140 der bis dahin meistgebaute Volvo aller Zeiten und erster Millionenseller der schwedischen Marke.
Noch beliebter als der Volvo 140 ist bis heute nur der Volvo 240, der 1974 wesentliche Bauteile des Volvo 140 übernahm und von dem bis 1993 weltweit rund 2,8 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert wurden.