Volkswagen wurde Ende der 60er Jahre mit dem durch Luft gekühlten Motor im Heck bei den Kunden immer unpopulärer. Das wenig erfolgreiche „größte“ Modell war in dieser Epoche der 411/412 (Nasenbär). Die Wende brachte der von Volkswagen adoptierte K70 im Herbst 1970 mit Frontantrieb und Schräglenkerachse für die Hinterräder. Verkäufer, Kunden und Werkstätten mussten damals von diesem radikalen Systemwechsel überzeugt werden.
Es war eigentlich gar kein VW, denn die Stufenheck-Limousine wurde von NSU entwickelt und als kleinerer Bruder des Wankel-Modells Ro80 geplant. Als NSU und die schon damals zum Volkswagen-Konzern gehörende Auto Union GmbH fusionierten, übernahmen die damals angeschlagenen Wolfsburger den fertig entwickelten K70 und integrierten ihn in die VW-Familie.
Der K70 wurde wie auch der Ro80 von Claus Luthe gezeichnet, der später bei BMW den E30 in seiner Form verantwortete. Das Design war schlicht und mit akkurat gezeichneten Linien. Die kantigen Enden vorn, je nach Modell mit damals modischen Doppelscheinwerfern und hinten verleihen der Karosse eine zeitlose Moderne. Auch heute nach 45 Jahren, nach der ersten Auslieferung, kann das Design noch gefallen. Der Nachteil war, dass die Karosserie wenig windschlüpfrig war. Damit war die Endgeschwindigkeit mit vorgegebener Motorleistung sehr begrenzt und bei höherer Geschwindigkeit der Benzinverbrauch hoch.
Anderseits war die Karosserie mit einem Radstand von 2,69 Metern und einer Außenlänge von 4,47 Metern äußerst geräumig. Mit einer Breite von 1,66 Metern passte er auch gut in eine damalige deutsche Normgarage.
Durch die Adoption des NSU kam Volkswagen zu einem Auto mit wegweisendem Fahrzeugkonzept mit Frontantrieb und ohne Mitteltunnel im Innenraum. Es war enorm viel Platz für Fahrer, Beifahrer und die Mitfahrenden auf der Rücksitzbank vorhanden. Heutige Designer sollten sich einmal das Fahrzeug genau ansehen, denn es war viel Platz vorhanden und auch groß gewachsene Menschen konnten bequem ein-, aussteigen und hatten eine hervorragende Rundumsicht.
Die Basisversion mit 1,6 Liter Hubraum leistete 75 PS. Eine weitere Version hatte 90 PS (K70S/LS) und mit 1,8 Liter Motor 100 PS. Eingebaut war eine Weiterentwicklung des NSU-Motor 1200, jetzt mit Wasserkühlung, leider in allen Versionen etwas brummig. Wenig Eigengewicht und eine kurze Übersetzung ermöglichten auch mit 75 PS einen Sprint in 16 Sekunden von 0 auf 100. Geschaltet wurde mit einem etwas hakeligen Viergang-Getriebe. Alle Motoren besaßen Solex Vergaser, die in der Leistung gesteigerten Versionen Doppelvergaser.
Das Lenkrad war, wie damals üblich, recht dünn und groß. Eine Servolenkung gab es damals in dieser Klasse noch nicht. Der Geradeauslauf war dank Frontantrieb sehr gut. Die Reifen auf 13 Zoll-Felgen hatten das übliche Format 165 SR 13. Gebremst wurde mit den damals bei NSU üblichen vorne innen liegenden Scheibenbremsen und hinten Trommeln.
Sehr übersichtlich und schick gestaltet war das Instrumentarium mit übersichtlichen Rundanzeigen. Je nach Aufpreis gab es auch einen Drehzahlmesser, wie zum Beispiel beim BMW 02. Das Radio mit einem Mono-Lautsprecher oberhalb des Handschuhfachs konnte man wegen des Lärms getrost bei höheren Geschwindigkeiten ausschalten.
Der VW K70 gehört heute zu den Hinguckern, denn er ist eine extrem seltene Erscheinung. Lediglich 211.127 Exemplare verließen die Werkhallen in Salzgitter von 1970 – 1975. Doch prinzipiell war er nur der Vorläufer für den ersten VW Passat, der bekanntlich aus dem damaligen Audi 80 technisch und optisch abgeleitet wurde. Es gab keinerlei Gleichteile mit anderen Fahrzeugen!
Beliebt ist der K70 auch heute als Oldtimer nicht so richtig, obwohl er für Volkswagen die Trendwende zu modernen Konstruktionen und den Erfolgen der nächsten Jahren einleitete.
Ergänzende Korrekturen zum Beitrag VW K70 von Hans-Ulrich Neumann vom 11.11.2023
Der VW K70 wurde ab Werk ausschließlich mit Reifen der Dimension 165 R 14 ausgeliefert, 165 R 13 war von NSU geplant, wurde von VW noch vor Serienanlauf geändert.
Es gab über den gesamten Bauzeitraum von 08/1970 bis 02/1975 den 1,6 Liter Motor mit 75 PS, den 1,6 Liter Motor gab es bis 07/1973, die entsprechenden Modelle hatten nie die Bezeichnung „S“ oder „LS“. Den „LS“ mit 100 PS gab es zunächst ab 05/1973 in einem auf 5.000 Exemplare begrenzten Sondermodell, erkennbar an den Seitenstreifen und dem schwarzen Heck. Ab 08/1973 löste dieser 100 PS Motor den 1,6er mit 90 PS ab, ab da gab es die Modellbezeichnungen „S“ und „LS“ in der Serie. Alle (!) Motoren hatten den Solex Doppelvergaser 40 DDH, bis 07/1972 mit Handchoke, danach mit Startautomatik.
Der Drehzahlmesser war bei den 90 und 100 PS Modellen Serienausstattung, nur bei den 75 PS Modellen mußte er als Extra bezahlt werden.
Und wenn der Quatsch noch so oft behauptet würde, der K70 war nicht der Vorgänger des Passat, der war eine Klasse niedriger als der K70 angesiedelt, der mit Audi 100 konkurrieren, sonst hätte Audi den K70 wie eben auch den Ro80 übernommen. Der Passat war der Nachfolger des Typ 3 (VW 1600), erkennbar auch an der Bezeichnung Typ 32 mit führender „3“, der K70 war der Typ 48 mit führender „4“! Der Passat war, wie der VW 1600 als Schrägheck und Variant lieferbar, ein Stufenheck gab es in Form des Technikspenders Audi 80. Der Passat war wesentlich einfacher ausgestattet als der K70, als Grundmodell ohne Uhr und mit viel nacktem Blech, auch 2-türig lieferbar. Den K70 gab es in so einer Buchhalterausstattung gar nicht.
Übrigens: Die Halogen-Doppelscheinwerfer waren von NSU nicht vorgesehen, auch wenn es Prototypenphotos mit den Doppelscheinwerfereinsätzen der Heckmotortypen so suggerieren. Die Doppelscheinwerfer brachte VW erst mit der Modellpflege für das Modelljahr 1973 im August 1972 und nur für das L-Modell. Das Grundmodell mußte sich weiter mit den Biluxfunzeln begnügen, obwohl es ab Werk das noch bessere, damals brandneue H4-Licht gab. Allerdings wurde diese Option in den Kundenprospekten nicht angeboten, nur „unter der Hand“. Wohl war die Angst zu groß, daß die H1-Doppelscheinwerfer dadurch unattraktiv würden. Hier gab es zum Modelljahr 1974, also im August 1973 auch eine Änderung in der Schaltung: Wurden bis da die Abblendscheinwerfer ab- und die Fernscheinwerfer zugeschaltet, wurden die Fernscheinwerfer nun zum Abblendlicht zugeschaltet, was eine bessere Vorfeldausleuchtung brachte. Typisch VW: Obwohl das mehr Strombedarf bedeutet, würde just zu diesem Modellwechsel der bisher 43 Ampere liefernde Generator durch einem mit 35 Ampere ersetzt. Nur gegen Mehrpreis und in Verbindung mit Nebelscheinwerfern, Nebelschlußleuchte und heizbarer Heckscheibe könnte man im Schlechtwetterpaket, wie schon in den Jahren zuvor, einen Generator mit 65 Ampere bekommen.