Ein Dieselmotor in einem BMW? Zu Beginn der 1980er-Jahre war diese Kombination für viele Fans der Marke nur schwer vorstellbar. Die damals bekannten Dieselmotoren galten als laut und wenig sportlich. Allein ihr hoher Wirkungsgrad und die damit verbundene Sparsamkeit sprachen für diese Antriebsform. Unter dem Eindruck der Ölkrise reiften daher auch bei BMW schon 1975 erste Pläne zur Einführung eines Dieselmotors, die nur drei Jahre später in eine Serienentwicklung mündeten. Die Herausforderung bestand darin, die dieseltypische Wirtschaftlichkeit und Langlebigkeit mit hoher Leistung, spontaner Kraftentfaltung und optimierter Laufkultur zu verbinden. Die BMW Ingenieure hatten sich deshalb schon früh für einen Reihensechszylinder-Antrieb mit Wirbelkammer-Brennverfahren und Abgasturbolader entschieden, der in einer Limousine der BMW 5er Reihe seine Premiere erleben sollte.
Das Ergebnis wurde im Frühjahr 1983 der Presse sowie auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) des Jahres 1983 der Weltöffentlichkeit präsentiert: Der BMW 524td, das erste Diesel-Modell der Marke und weltweit leistungsstärkste Fahrzeug seiner Art, wurde zum Wegbereiter einer neuen, besonders effizienten Form der Fahrfreude.
Exakt 90 Jahre zuvor hatte der deutsche Ingenieur Rudolf Diesel den ersten Prototypen seiner „idealen Wärmekraftmaschine“ zum Laufen gebracht. Das ihr zugrunde liegende Prinzip, die Luft im Brennraum unter hohem Druck so sehr zu erhitzen, dass sich der eingespritzte Kraftstoff von allein entzündete, überzeugte zunächst nur in der Theorie. Die praktische Umsetzung erforderte großen Aufwand, den Rudolf Diesel jedoch nicht scheute. Und er wurde belohnt. Sein revolutionärer Antrieb erlangte die Serienreife, und schon 1898 nahm die erste Dieselmotorenfabrik ihren Betrieb auf. In Schiffen, Lokomotiven und Lastkraftwagen trat der Dieselmotor fortan seinen Siegeszug rund um die Welt an.
Bis zum Einsatz in einem BMW war es jedoch ein langer Weg. Nach der grundsätzlichen Entscheidung für den Dieselmotor gründete der deutsche Hersteller zunächst ein Gemeinschaftsunternehmen mit der österreichischen Steyr-Daimler-Puch-AG für die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb von Dieselmotoren. Im oberösterreichischen Steyr wurde 1979 ein gemeinsames Motorenwerk eröffnet. Obwohl die Zusammenarbeit schon drei Jahre später beendet wurde und BMW die Anteile des Partners übernahm, konnten in Steyr ab 1983 sowohl die Benzin- als auch die Dieselmotoren für den BMW 5er auf einer gemeinsamen Fertigungsstraße gebaut werden.
Die Antriebseinheit für den BMW 524td war von den BMW Motorenentwicklern in München auf der Basis eines Reihensechszylinder-Benziners konzipiert worden. Die Gemeinsamkeiten beschränkten sich dabei auf den Grundaufbau, das Ölversorgungsprinzip und den obenliegenden Ventiltrieb mit der von einem Zahnriemen angetriebenen Nockenwelle. Um den besonderen Anforderungen des Diesel-Prinzips und den Entwicklungszielen für den ersten BMW Motor dieser Art gerecht zu werden, waren alle weiteren Details neu konstruiert worden. Dabei wurden vor allem die thermische Belastung und der hohe Verbrennungsdruck des im Verhältnis von 22,0 : 1 verdichteten Motors berücksichtigt. Das Grauguss-Kurbelgehäuse erhielt ein Kühlsystem nach dem Längsstromprinzip mit Wasserräumen, die zwischen den Zylindern angeordnet wurden, sowie eine spezielle Deckplatte, die den hohen Kräften der Zylinderkopfverschraubung gewachsen war. Die geschmiedete Kurbelwelle erzeugte einen größeren Hub und war zudem aus besonders vergütetem Stahl gefertigt. Kolben, Pleuel und Kurbelwellenlager wurden ebenfalls hinsichtlich Bauart und Materialbeschaffenheit modifiziert, um maximale Zuverlässigkeit auch unter Volllast sowie im Dauerbetrieb zu gewährleisten. Eine besonders leistungsfähige Zahnrad-Pumpe übernahm die Ölversorgung.
Im Leichtmetall-Zylinderkopf wurde das von den Benzinmotoren adaptierte Querstromprinzip zwecks Leistungsoptimierung mit großen Ventildurchmessern und hohen Strömungsquerschnitten modifiziert. Eine BMW spezifische Weiterentwicklung des Wirbelkammer-Brennverfahrens trug maßgeblich zur Leistungssteigerung bei gleichzeitiger Reduzierung des Verbrauchs sowie der Geräuschemissionen bei. Der Motor des BMW 524td war zudem mit einem Schnellstartsystem ausgestattet, das die dieseltypischen Vorglühzeiten deutlich verkürzte.
Weil neben günstigen Verbrauchs- und Emissionswerten auch markentypische Sportlichkeit und Laufkultur zu den Entwicklungszielen gehörten, hatten sich die Motorenentwickler frühzeitig für den Einsatz eines Abgasturboladers entschieden. Zur Optimierung des Wirkungsgrads wurden dabei die bei einem Reihensechszylinder-Motor vorhandenen Voraussetzungen für ein Stoßaufladungsprinzip genutzt. Dabei werden die Abgase aus jeweils drei Zylindern zusammengeführt und getrennt voneinander zum Turbinenrad geführt. Dies führte zu einem besonders dynamischen Verhalten des Aufladesystems.
Der von BMW eingesetzte Turbolader nahm schon bei 1 500 min-1 seine leistungsfördernde Arbeit auf, der volle Ladedruck von 0,8 bar stand bei 2 200 min-1, das maximale Drehmoment von 210 Newtonmetern bei 2 400 min-1 zur Verfügung. Diese Auslegung ermöglichte es, das hohe Drehmoment für komfortables, schaltarmes Fahren zu nutzen und im verbrauchsgünstigen Teillastbetrieb hohe Geschwindigkeiten zu erreichen.
Mit einer Höchstleistung von 85 kW/115 PS, die aus einem Hubraum von 2 443 Kubikzentimetern erzeugt wurde, und der daraus resultierenden spezifischen Leistung von 34,8 kW/47,3 PS wurden Werte erreicht, „die man bisher bei einem Diesel nicht für möglich hielt“, wie BMW anlässlich der Weltpremiere auf der IAA 1983 verkündete, und die den BMW 524td auf Anhieb zum „schnellsten Seriendiesel der Welt“ machten. 12,9 Sekunden genügten für die Beschleunigung von null auf 100 km/h, und auch die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h war für ein Diesel-Automobil zur damaligen Zeit mehr als beachtlich.