Oldtimersammlung Hervé „besetzt“ den Pantheon

Fürst Jacques de Wurstemberg alias Hervé

Fürst Jacques de Wurstemberg widmete sein ganzes Leben dem Automobilismus und es war ein langes und erfülltes Leben von 1917 bis vor kurzem. Er war während seines Lebens Rennfahrer und Raritätensammler. Der junge Wurstemberg kaufte damals einen MG (K3) von Norman Black und so begann seine Rennfahrerkarriere. Seine Rallye-Erfahrungen in der Schweiz, Frankreich und den Wettbewerben mit gebrauchten und relativ unterlegenen Autos ermutigten Ihn zum Umstieg auf potentere Fahrzeuge. So fuhr er Rennen mit einem Aston Martin und Jaguar 120 XK. Graf Jacques, wie man ihn auch nannte, schrieb sich für Rennen unter dem Pseudonym Hervé ein.

Aston Martin mit Spezial-Karosserie
Aston Martin mit Spezial-Karosserie aus den 50er Jahren © Fotoquelle und Bildrechte: Pavel Kalina

Diese beiden Autos bildeten nach dem Krieg den Grundstein seiner Sammlung. Heute umfasst die Sammlung automobile Raritäten ab dem Baujahr 1920. Hervé spezialisierte sich auf seltene Autos mit zu meist speziellen Karosserien. Darunter sind, zum Beispiel Unikate der Marke Avions Voisin, allen voran der Type C 25 „Aérodyne“ mit elektromagnetischen 6-Gang-Getriebe und avantgardistischer, ja künstlerisch einmaliger Karosserie. Dieses Auto ist mit weiteren vier Voisins auch in Basel zu sehen. Voisin bestückte seine Autos mit einem extrem ruhigen und geschmeidig laufendem Schieber-Motor der Firma Knight. Es kamen 4- 6- 8- aber auch 12 Zylinder Motoren zum Einsatz.

Hervé schraubte den Qualitätsanspruch seiner Sammlung immer höher, so dass diese zu den wertvollsten und schönsten auf der Welt gehört, nicht was Quantität betrifft, sondern was die Qualität anbelangt. Im Jahr 2000 beschloss er seine Sammlung publik zu machen und überführte die Autos in eine Stiftung (Nadation Hervé). Diese wurde im gleichnamigem Museum in Aigle (Schweiz) der Öffentlichkeit zugänglich. Das Museum in Aigle ist eine Reise wert.

Ausstellung im Pantheon

Im Pantheon kommen Bewunderer seltener Sportwagen voll auf ihre Kosten. Es warten dort Marken wie AC, Lancia, MG und Aston Martin, nebst den bereits erwähnten Voisins. Sie sind wirklich technische Leckerbissen, denn unter den Motorhauben verstecken sich elektromagnetische Cotalgetriebe, Skinner-Union Vergaser und Kompressor. Diese Komponenten verbesserten die bereits guten Leistungen der Motoren und den Komfort der auch damals schon sehr teuren Automobile.

Stephan Musfeld, Inhaber des Oldtimermuseums Pantheon in Basel, gelang es durch gute Beziehungen einen Teil der Hervé-Sammlung nach Basel zu bringen und so haben diese Raritäten ein imposantes Dach über ihre schönen Karosserien bekommen. Etwa 30 Automobile aus der Sammlung Hervé zeigt Musfeld im Pantheon. Bekannt wurde das Pantheon auch durch die inzwischen beendete Ausstellung Schweizer Carrossiers.

Der erwähnte Aérodyne C 25 existiert in diesem Zustand nur zweimal auf der Erde. Die runden Dachfenster erinnern an den Nautilus des Kapitäns Nemo vom Jules Verne. Seine kubistisch angehauchte Karosserie bestach auch den exzentrischen US-Amerikaner Peter Mullin, so dass er natürlich ebenfalls in seiner Sammlung in den USA steht. Er zeigte ihn zuletzt in Paris auf der Rétromobile.

Nebst dieser Exponate stehen dort etwa 100 historische Autos, Motorräder, Fahrräder und didaktische Modelle in der ständigen Sammlung im Pantheon. Die Mehrheit der betriebsfähigen Fahrzeuge wird von den Eigentümern bei Gleichmäßigkeits-Rallyes wie über den Klausenpass oder London to Brighton eingesetzt, sofern sie den dort geltenden Regularien entsprechen.

  • Ausstellung: bis 6. April 2015
  • Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 – 17:30 Uhr, Samstag-Sonntag von 10 – 16:30 Uhr
  • Eintritt: 10 CHF
  • Adresse: Basel-Muttenz, Hofackerstrasse 72, Koordinaten: 47°32’16″N 7°38’1″E
  • Parkplatz: gratis
  • Öffentliche Verkehrsmittel: Nähe zum Pantheon
  • Webseite: www.pantheonbasel.ch

Schweizer Carrossiers

Kenner der Oldtimer-Szene wissen, dass in Aigle, die Heimat der Sammlung Hervé, auch der Karossier Ghia ansässig war, der nicht nur einige Sportwagen für betuchte Kunden einkleidete, sondern auch für diverse Hersteller arbeitete. Bei Ghia wurde auch das tschechische Kabriolett Skoda Felicia in den Sechzigern mit einem weißen GKF Hardtop herstellt. Auch die Firma Cegga-Aigle der Gebrüder Gachang ist bekannt. Sie nahmen erfolgreich mit ihrem Rennwagen an 24 Stunden Le Mans teil. Deren Enkel ist der heutige F1 Pilot Sebastien Buemi, seine Schwester Natascha ist ebenfalls eine erfahrene Rennfahrerin.

Die schweizer Städte Basel und Bern beherbergten vor dem Krieg mehrere Karosseriewerke für Spezialaufbauten, die Weltruhm erlangten. Ein großer Teil dieser Fahrzeuge wurde nach Amerika und den Mittleren Osten exportiert und verschwanden in privaten Sammlungen.

Die Fahrgestelle mit Technik der Marken Delage, Delahaye, Talbot und Alvis wurden den Karosseriewerke für Spezialaufbauten wie Graben, Worblaufen oder Reinbold & Christé angeliefert, dort nach individuellen Wünschen der zahlungskräftigen Kunden mit Karosserien eingekleidet.

Exoten und Concours d’Elegance

Heute sind diese einige der Exoten auf den renommiertesten Concours d’Elegance wie Classic Days Schloss Dyck (Deutschland), Concours Chantilly Arts & Elegance (Frankreich),
Villa d’Este (Italien) oder Pebble Beach (USA) zu sehen.

Museum Cité de l’Automobile

Nur 40 km vom Pantheon entfernt, befindet sich die grösste Oldtimer-Sammlung Europas, gesammelt von den Brüdern Schlumpf. Im Museum Cité de l’Automobile, 192, avenue de Colmar 68 051 Mulhouse cedex, findet sich die grösste Bugatti-Sammlung, etwa 150 an der Zahl

Text: Dr. Georg W. Pollak, sc.
Fotos: Pavel Kalina