Rechtliche Grundlagen des Abschleppens vs. Schleppen

Rechtliche Grundlagen des Abschleppens

Nach der aktuellen gesetzlichen Lage ist das Abschleppen nicht mehr speziell in einem Gesetz oder Paragrafen geregelt. Vielmehr ergeben Einzelvorschriften in StVO, StVG und StVZO sowie das Gewohnheitsrecht und einschlägige Rechtsprechung ein Gesamtbild, das das Recht „rund ums Abschleppen“ bildet.

Abschleppen dient dazu, ein betriebsunfähig gewordenes Fahrzeugs von der Straße zu einem anderen Ort zu verbringen. Es muss also eine Art von Notlage vorliegen. Allerdings muss der Defekt nicht unfreiwillig eingetreten sein. Auch wenn Bastel- und Reparaturarbeiten zur Betriebsunfähigkeit geführt haben, darf abgeschleppt werden. Wenn, zum Beispiel Arbeiten an Motor, Getriebe oder Elektrik dazu geführt haben.

Wie groß oder umfangreich das technische Problem sein muss, oder eine bestimmte Art von Betriebsunfähigkeit, schreibt das Gesetz nicht vor. Es genügt also, dass ein kleines Problem zur Betriebsunfähigkeit führt, wenn zum Beispiel die Batterie keine ausreichende Leistung zum Starten hat oder eine Sicherung defekt ist, ohne die das Fahrzeug nicht sicher fährt.

ADAC Abschleppwagen MB 508d
ADAC Abschleppwagen MB 508d

Ohne Betriebsunfähigkeit liegt Schleppen vor

Ist das Fahrzeug nicht betriebsunfähig, wird aus dem „Abschleppen“ automatisch ein „Schleppen“. Dann liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 33 StVZO vor, für die es Bußgelder gibt. Für ein „Schleppen“ braucht man nämlich nach § 33 StVZO eine behördliche Genehmigung, die – sofern sie überhaupt erteilt wird – teuer und umständlich zu beantragen ist.

Beim Schleppen ohne Genehmigung liegt eine Ordnungswidrigkeit wegen eines Verstoßes gegen § 33 StVZO vor. Es droht ein Bußgeld und im schlimmsten Fall noch Ärger wegen Kfz-Steuervergehen und Verstößen gegen das Pflichtversicherungsgesetz, sofern das gezogene Fahrzeug nicht zugelassen und versichert ist.

Wohin und wie weit darf geschleppt werden?

Eine Höchststrecke zum Abschleppen ist gesetzlich nicht geregelt. Die Rechtsprechung zur maximal zulässigen Abschleppdistanz – abseits von Autobahnen – ist uneinheitlich. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass nicht die nächste, sondern die nächstgelegene geeignete Werkstatt aufgesucht werden muss. Mehrere hundert Kilometer sind sicher zu weit. Nach einer sehr strengen, aber auch schon über zwanzig Jahre alten Entscheidung (OLG Celle, NZV 1994, 242) liegt kein Abschleppen, sondern ein genehmigungspflichtiges Schleppen vor, wenn das Fahrzeug über eine Strecke von mehr als 45 km gezogen wird. Letztlich kommt es aber immer auf den Einzelfall an. Für eine Ahndung eines „zu weiten Abschleppens“ ist es natürlich erforderlich, dass der Polizei und den Behörden bekannt ist, von wo aus abgeschleppt wurde. Und hierzu sind die Behörden zumeist auf die Auskunft der
Betroffenen angewiesen.

Sonderfall Abschleppen von der Autobahn

In § 15a StVO wird angeordnet, dass beim Abschleppen auf der Autobahn liegengebliebener Fahrzeuge, diese bei der nächsten Ausfahrt verlassen werden muss. Wer außerhalb der Autobahn liegen bleibt, darf nicht über die Autobahn geschleppt werden, auch nicht für „nur eine Ausfahrt“. Es kann sonst empfindliche Strafen geben.

Abschleppen und Führerschein

Beim Abschleppen eines Kraftfahrzeugs genügt für den Führer des Zugfahrzeugs die Fahrerlaubnis für die Klasse des abschleppenden Fahrzeugs (§ 6 Abs. 1 S. 3 FeV). Der Lenker des gezogenen Fahrzeugs benötigt keine Fahrerlaubnis, da dieses – mangels eigener Motorkraft – kein Kraftfahrzeug ist. Da das Fahrzeug ohne eigene Motorkraft geschleppt wird, ist es nicht als Kraftfahrzeug anzusehen. Hierfür spricht weiter die nur begrenzte Möglichkeit der Einflussnahme auf die Beachtung der Verkehrszeichen, die Geschwindigkeit sowie die Richtung der Fahrt. Er darf übrigens auch minderjährig sein. Selbst 15-jährige im gezogenen Fahrzeug wurden von der Rechtsprechung nicht beanstandet.

Abschleppeinrichtung

Bei Verwendung von Abschleppstangen oder Abschleppseilen darf der lichte Abstand vom ziehenden zum gezogenen Fahrzeug nach § 43 StVZO nicht mehr als 5 m betragen. Abschleppstangen und Abschleppseile sind ausreichend erkennbar zu machen, zum Beispiel durch einen roten Lappen.

Abschleppen von Motorrädern

Nach § 15a StVO dürfen Krafträder nicht abgeschleppt werden. Hierzu gibt es keine Ausnahmen und kein Ermessen.

Höchstgeschwindigkeit und Warnblinkanlage

Es gibt keine gesetzliche Höchstgeschwindigkeit beim Abschleppen. Mithin gelten keine anderen Regelungen als im normalen Verkehr. Aber um schon allein im Bereich der Kaskoversicherung nicht in die Gefahr von „grober Fahrlässigkeit“ zu kommen, sollte sehr defensiv und langsam gefahren werden. Übrigens: In Schweden ist dies gesetzlich geregelt, dort ist das Limit bei 40 km/h. Auch ohne gesetzliche Grenze sollte man in der Praxis ein freiwilliges Limit bei etwa 50 km/h sehen. Immerhin funktioniert beim abgeschleppten Fahrzeug ja in der Regel weder die Bremshydraulik noch die Servolenkung. Die Warnblinkanlage ist sowohl beim Zugfahrzeug als auch beim gezogenen Fahrzeug zu betätigen.

Versicherungspflicht

Versicherungspflicht besteht für das ziehende Fahrzeug ganz normal nach § 1 PflVG. Eine über die normale Haftpflichtversicherung hinausgehende „Zusatzversicherung“ ist nicht notwendig. Da das geschleppte Fahrzeug gemäß § 33 StVZO nicht zulassungspflichtig ist, unterliegt es auch nicht der Versicherungspflicht. Es ist über das Zugfahrzeug (mit-)versichert. Dies gilt jedoch nur für das genehmigte Schleppen. Bei verbotswidrigem Schleppen eines nicht versicherten Fahrzeugs liegt in der Regel ein Verstoß gegen die Versicherungspflicht vor.

Der verantwortliche Fahrzeugführer beim Abschleppen

Nach allgemeiner Definition ist der Führer eines Fahrzeugs derjenige, der „sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen technischen Einrichtungen des Fahrzeuges bedient, die für seine Fortbewegung bestimmt sind, also das Fahrzeug unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt“. Danach ist Führer eines Fahrzeuges nicht nur derjenige, der alle für die Fortbewegung des Fahrzeugs erforderlichen technischen Funktionen ausübt, sondern auch, wer nur einzelne dieser Tätigkeiten vornimmt, jedenfalls solange es sich dabei um solche handelt, ohne die eine zielgerichtete Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre, wie zum Beispiel das Bremsen oder Lenken.

Quelle: ADAC