Der Unterschied zwischen Bentley und Bentley

Bei der Traditionsmarke Bentley denkt jeder an klassischer Mobilität interessierte an die Traditionsmarke für sportlichen Luxus aus England, die ab 1931 eine Marke von Rolls-Royce wurde und nicht an die „moderne Marke Bentley“, die heute zum Volkswagen Konzern gehört.

Zum Thema Bentley gibt es auch besondere Stichwörter, die dem Bentley Enthusiast bekannt sind. Dazu gehören Barnato, Blue Train, Cricklewood, und Benjafield.

Es war zu der Zeit als Bentley noch eine eigenständiges Unternehmen vor der Fusion mit Rolls-Royce war und das ist die Zeit, die bis heute für Puristen die beste Zeit des Unternehmens war.

Der vielleicht exklusivste Oldtimer-Club ist der Benjafield´s Racing Club (BRC), mit dem roten St.George-Cross auf weißem Grund. Dieses Emblem ist auf den ersten Blick täuschend ähnlich dem Wappen des British Racing Drivers Clubs. Es ist jedoch der Benjafield´s Racing Club, in Erinnerung an Dudley Benjafield, einen der legendären Bentley Boys der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Benjafields Racing Club
Benjafields Racing Club

Walter Owen Bentley hatte 1919 in Cricklewood, einem Stadtteil Londons, seine eigene Manufaktur gegründet. Der fähige Konstrukteur, Schrauber und Rennfahrer hatte sich bei Mercedes genau angesehen, wie man überaus standfeste Motoren baut. Gebettet in ein massives Chassis, ähnlich einem Nutzfahrzeug, sollten diese Bentleys schon bald auf der Rennstrecke Le Mans gewinnen. Angesprochen waren passionierte englische Privatfahrer, die sich den teuren Spaß auch leisten konnten. Die legendären Bentley-Boys sind ein Inbegriff des britischen Sportsgeistes bis heute. Nie regelkonform, immer ein bisschen verrückt und vor allen Dingen: Immer auf eigener Achse! Das ist bis heute so und manifestiert sich im Benjafield´s Racing Club. 88 Mitglieder hat der Verein, und erst, wenn einer aus der Truppe zum seligen W.O. Bentley abberufen wird, ist ein Plätzchen in dieser exquisiten Loge wieder frei. Die Fahrer sind auch jedes Jahr Gast bei den Classic Days Schloss Dyck.

W.O. Bentley steckte stets in finanziellen Schwierigkeiten. Mit der Wirtschaftskrise ab 1929 wurde es richtig brenzlig. Aber er hatte einen fanatischen Gönner, Woolf „Babe“ Barnato (1895-1948), den Erben einer Diamanten-Dynastie, der ordentlich Kohle in den Laden pumpte, bis er anteilsmäßig zum Inhaber wurde. Barnato ist eine legendäre Gestalt. Dreimal trat er in Le Mans an, dreimal gewann er. Natürlich auf Bentley. Aber die Geschichte und Wette mit dem Blue Train hat ihn schließlich unsterblich gemacht. Mit seinem 6,5 Liter-Bentley Speed Six trat er im März 1930 gegen den Fernzug von Cannes nach Calais an. Über Schotter und Staub raste Barnato mit einem Schnitt von fast 70 Km/h nach Norden. Als er sich nach knapp 23 Stunden in seinem konservativen Londoner Dale Bourne´s Club im Stadtteil St. James eine Zigarre der Marke Victory gönnte, hatte der Schnellzug soeben erst das nordfranzösische Calais auf dem Kontinent erreicht…

Woolf Barnato hielt Bentley in Cricklewood bis 1931 am Leben, dann musste er aufgeben und Rolls-Royce übernahm den Laden.

Bis heute gibt es daher Bentleys und Bentleys. Sportlich-exklusiv die einen, geradezu religiös mystifiziert die anderen. Hast Du einen Cricklewood, also einen Bentley aus der frühen Fabrik, dann darfst Du vielleicht auf ein Plätzchen im BRC hoffen. Du musst aber stets auf eigener Achse anreisen. Du musst mit Gleichgesinnten schrauben, zur Not im Schneesturm, kurz luv oder lee vor dem Norkap im Packeis eine Kupplung tauschen, musst untermotorisierte Polizisten auf dem Balkan abhängen und zu Bowler und ölverschmiertem Overall eine Fliegerbrille mit Insektenmatsch darauf tragen. Dann vielleicht, dann, ja dann …

Ach und dann gibt es noch eine ganze Menge Replikate der Marke Bentley, quasi Neuaufbauten für viel Geld …

Ettore Bugatti, technischer Gott des Leichtbaus jener Zeit, sprach ehrfurchtsvoll von den schnellsten Lastwagen der Welt. Die Benjafield´s sorgen dafür, dass man auch heute noch, mit viel Glück, bei 180 km/h auf der Autobahn plötzlich ein Monstrum im Rückspiegel wachsen sieht, das mit 85 Jahren und mehr noch immer auf Vollgas getrimmt ist. Dabei wird immer offen gefahren!

Text: Achim Gandras